Beiträge zum Thema Unternehmenskultur
Kündigen fürs Klima? Wieso Conscious Quitting den Arbeitsmarkt verändern könnte.
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Die nachfolgenden Schilderungen und Beobachtungen von Frau Janet Haupka können wir vollumfänglich bestätigen. Zusehends beobachten wir in der Praxis, dass unsere Methode die Unternehmenskultur sichtbar zu machen nicht nur bei den Führungskräften, sondern auch bei Mitarbeitenden aller Stufen stark zu einer Neuorientierung führt. Es ist nicht die Kultur selbst, sondern die nicht eingehaltenen Versprechungen, welche nicht mehr erduldet werden wollen. Es sind die menschlichen Werte wie Vertrauen, Fairness und Selbstachtung, welche wieder den guten Arbeitsplatz auszeichnen.
Kündigen fürs Klima? Wieso Conscious Quitting den Arbeitsmarkt verändern könnte
Conscious Quitting breitet sich aus. Damit Unternehmen keine Mitarbeitenden verlieren, sollten sie die Werte ihrer Belegschaft ernst nehmen und in ihre Firmenkultur integrieren. Unsere Gastautorin hat ein paar Tipps.
Von Janet Haupka
Vielleicht habt ihr schon von Quiet Quitting gehört: Es bedeutet, dass Mitarbeitende nur die Arbeit verrichten, die auch vertraglich festgelegt ist – und keine Überstunden mehr leisten. Sie ziehen klare Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben.
Ein Phänomen, das durch die Pandemie entstanden ist. Arbeitnehmende sind in dieser Zeit selbstbewusster und unabhängiger geworden. Auch spielen persönliche Werte und Bedürfnisse mittlerweile eine große Rolle für sie. Erfüllen Unternehmen diese nicht, wird reagiert. Kein Wunder also, dass sich daraus bereits ein neuer Trend entwickelt hat: Conscious Quitting.
Entwicklung bereits im UK und in den USA messbar
Eine KPMG-Studie aus dem Januar und das 2023 Net Positive Employee Barometer belegen, dass britische und amerikanische Mitarbeitende kündigen, wenn ihre Werte nicht mit denen des Unternehmens übereinstimmen. Dabei geht es ihnen vorrangig um Klima- und Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit oder gelebte Diversität.
Laut KPMG sind geteilte Werte mit Arbeitgebenden 82 Prozent der befragten Britinnen und Briten wichtig. Jede fünfte Person hat deshalb bereits ein Jobangebot abgelehnt, weil ihr die „Environment, Social and Governance“-Maßnahmen (ESG-Maßnahmen) des Unternehmens nicht reichen. Bei den 18- bis 24-Jährigen liegt der Anteil sogar bei 30 Prozent.
Zu ähnlichen Ergebnissen kam das Net Positive Employee Barometer: Die Mehrzahl der befragten 4.000 Mitarbeitenden aus dem UK und den USA ist unzufrieden mit dem nachhaltigen und sozialen Engagement ihrer Unternehmen. Ein Drittel von ihnen hat aus diesen Gründen bereits gekündigt. Auch weist diese Studie darauf hin, dass Conscious Quitting in der Gen Z und bei den Millennials weit verbreitet ist.
Die Welle wird Deutschland erreichen
Es sprechen viele Gründe dafür, dass Conscious Quitting auch den deutschen Arbeitsmarkt erobern wird. Gerade Umwelt- und Klimaschutz sind uns wichtig. Dabei sorgen sich besonders junge Menschen darum. Das zeigen nicht nur Aktionen der Letzten Generation, sondern das belegen auch aktuelle Umfragen von Stepstone oder der Europäischen Investitionsbank. Beispielsweise wünscht sich die Mehrheit junger Menschen hier, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz in Unternehmen großgeschrieben werden.
Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage und der hohen Inflation gewinnt auch soziale Gerechtigkeit an Bedeutung. Hinzu kommt, dass Diversität von deutschen Firmen zunehmend eingefordert wird. Darüber hinaus sorgt der Fachkräftemangel dafür, dass die Auswahl an potenziellen Arbeitgebenden größer geworden ist.
Deshalb sind Mitarbeitende heute bereit, sich anderweitig umzusehen, wenn sie das Gefühl haben, dass der Auftrag des Unternehmens nicht mehr mit ihren persönlichen Werten übereinstimmt.
Werte der Teams in der Unternehmenskultur verankern
Deutsche Firmen sollten Conscious Quitting vorbeugen. Das betrifft Unternehmen, die kaum ESG- oder „Diversity, Equity and Inclusion“-Maßnahmen (DEI-Maßnahmen) vorweisen können. Aber auch Betriebe, die bereits viel tun, sollten überprüfen, ob ihre Transformation mit den Bedürfnissen ihrer Mitarbeitenden übereinstimmt.
In jeder Ausgangslage empfiehlt es sich, mit einer Umfrage unter den Mitarbeitenden zu beginnen. Dabei sollten Werte zur gewünschten gesellschaftlichen Verantwortung abgefragt werden. Im Ergebnis lassen sich sicherlich nicht alle Anregungen berücksichtigen. Aber Firmen können so die größten gemeinsamen Nenner identifizieren und daraus passende ESG- und/oder DEI-Aktivitäten entwickeln.
Damit sich Mitarbeitende auch langfristig im Unternehmen wiederfinden, sollten die abgefragten Werte in die Firmenkultur integriert werden. Das schließt alle Organisationsebenen ein: von Führungskräften bis hin zu Teams, von Prozessen, über die interne Kommunikation, das Employer-Branding, die Rekrutierung bis hin zum Onboarding. Nur so werden Werte sichtbar und jeden Tag erlebt.
Mitarbeitende aktiv einbinden
Auch ist es wichtig, Arbeitnehmende in die Transformation einzubeziehen. Denn Mitarbeitende wollen gefragt werden und aktiv zu einer besseren Umwelt beitragen. Das motiviert, bindet und macht ihnen bewusst, was sie und ihr Unternehmen bereits leisten.
Damit sich Mitarbeitende in komplexe Themen und Prozesse rund um Klima- und Umweltschutz einbringen können, sollten Unternehmen Wissen vermitteln. Besonders bei DEI muss darauf geachtet werden, dass alle Arbeitnehmenden diese Transformation auch unterstützen. Hier gilt es, Führungskräfte zu schulen und Unconscious-Bias-Trainingsprogramme anzubieten. So können auch implizite Vorurteile abgebaut werden.
Da sich Mitarbeitende und ihre Werte im Laufe der Zeit – und besonders durch Ereignisse wie Pandemien oder Wirtschaftskrisen – verändern, sollten Firmenwerte immer wieder überprüft, mit den Werten der Teams abgeglichen, falls nötig transformiert und in neue Unternehmensaktivitäten umgewandelt werden. Nur so binden Unternehmen ihre Mitarbeitenden, gewinnen Talente, bleiben wettbewerbsfähig – und beugen dauerhaft Conscious Quitting vor.
Janet Haupka ist HR-Expertin und eine von zwei Geschäftsführerinnen bei DONE!Berlin – einer Personalberatung für Startups und Mittelständler. Sie baut in Unternehmen Teams und Prozesse auf und berät das Management.
Kolumne Philipp Loser – Die Sprache des Krieges
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Wir haben das Thema «operative Resilienz» weiter vertieft, weil sie von der eigenen Kultur abhängig ist und Widerstandsvermögen auf einer klaren Kulturanalyse basiert. Sprache darf nicht zur Waffe, sondern sollte zur Lupe werden. Deshalb ist uns der nachfolgende Text sofort aufgefallen. Die Beispiele spiegeln unseren Zeitgeist und zeigen auf, womit wir uns auseinandersetzen müssen.
Entgegen der Meinung des Autors sind wir der Ansicht, dass die Wirklichkeitsbeschreibungen im Frieden nicht nur Gespür voraussetzt, sondern vor allem Sachlichkeit, Aufrichtigkeit und Rückgrat braucht.
Bemerkung Hässig & Stoff:
Das Problem scheint schon früher erkannt worden zu sein. Mit Konfuzius: "Wenn die Sprache nicht stimmt, dann ist das, was gesagt wird, nicht das was gemeint ist, so kommen keine guten Werke zustande. Kommen keine guten Werke zustande, so gedeihen Kunst und Moral nicht. Gedeihen Kunst und Moral nicht, so trifft die Justiz nicht, so weiss das Volk nicht, wohin es Hand und Fuss setzen soll. Also dulde man keine Willkürlichkeit in den Worten. Das ist es worauf es ankommt."
Der nachfolgende Artikel von Philipp Loser thematisiert die Sprache des Krieges bei uns in Friedenszeiten und weist auf deren Missbrauch hin.
Texterscheinung Tagesanzeiger DAS MAGAZIN, 19..03.2022, Kolumne; Seite 4
Kolumne Philipp Loser – Die Sprache des Krieges
Die verstörende Wirklichkeit des Krieges und der Propaganda zwingt uns zur Präzision. Unser einziges Mittel dazu: die Sprache.
Eben wurde auf Netflix die vierte Staffel der erfolgreichen Formel-1-Serie «Drive to Survive» veröffentlicht. Alles in dieser Dokumentation ist laut und episch und gestylt.
Und sehr martialisch. Das beginnt beim Titel («Fahren, um zu überleben») und zieht sich durch die ganze Serie. Sein Fahrer sei «ein Killer in einem Rennwagen», sagt der Boss eines Rennstalls. Man müsse parat sein für die Schlacht, meint eben dieser Fahrer. «Das ist Krieg!», sagt ein anderer.
Diese Art von Sprache findet sich nicht nur im Motorsport. An einem normalen Fussballwochenende dringen in der Schweiz und anderswo zahllose «Bomber» in die Platzhälfte des Gegners ein, um dort «aus allen Rohren zu schiessen». Die «Wirtschaftswoche» nennt die geplanten Konjunkturhilfen des deutschen Wirtschaftsministers die «Bazooka des Robert Habeck». Auf den Webseiten von Tamedia war vom «Krieg der Browser» die Rede und erst kürzlich fand ebendort ein «Angriff auf das Fleisch an Basler Uni-Mensas» statt.
Gleich daneben, in Blickweite: «Russland hat mit Invasion begonnen – heftiger Beschuss im Osten».
Erst wenn der Krieg real wird, merken wir, wie der Krieg in unserer Sprache schon immer da war. Wie gedankenlos wir unserem Reden und Schreiben Gewalt beifügen, die Sprache gewalttätig werden lassen. Einfach so, ohne Not.
Der Krieg in der Ukraine, der echte Krieg, zwingt uns zu mehr Genauigkeit. In der Beschreibung der Handlungen auf dem Gebiet der Ukraine. Und in der Beschreibung all jener Dinge daneben:
Das hier ist ein Krieg. Und das ein Fussballspiel. Das ist der Überfall eines Aggressors. Und das eine Debatte um die richtige Auslegung eines Sachverhalts.
Fast schon ironisch, dass dieser Krieg in all seiner verstörenden Unübersichtlichkeit uns dermassen zur Präzision zwingt. Unser einziges Mittel dazu: die Sprache.
Der Gegner (tatsächlich) nützt das gleiche Mittel. In Russland ist es unter Strafe verboten, von einem «Krieg» zu sprechen, von einer «Invasion». Dass Wladimir Putin und seine Entourage den Überfall auf die Ukraine eine «militärische Spezialoperation» nennen, hat eine kalte und am Schluss banale Logik: Eine militärische Operation ist präzise, sie macht keinen Dreck, sie tötet keine Zivilisten, tötet keine Väter und Mütter und Kinder. Eine «militärische Operation» bombardiert keine Krankenhäuser und verwandelt nicht ganze Städte in Schutt und Asche.
Wie schamlos die russische Führung Sprache dazu missbraucht, um ihre tatsächlichen Motive zu verschleiern, ist vollkommen bizarr – all das Gerede von der «Demilitarisierung» der Ukraine, der «Entnazifizierung» und «Befreiung» des Nachbarlandes. Russland habe keine Absichten, andere Länder anzugreifen, sagte Aussenminister Sergei Lawrow vor einer Woche in Antalya und blieb dabei sehr ernst. «Auch die Ukraine haben wir nicht überfallen.»
Aha.
Allerdings ist die Verschleierung der eigenen Grausamkeit durch die Sprache keine russische Eigenheit. Die Nazis (die echten) schickten die Juden in «Konzentrationslager», sie arbeiteten an einer «Endlösung». Als «Kollateralschaden» werden bis heute zivile Opfer eines militärischen Angriffs verharmlost. Selbst die Armeen demokratischer Staaten führen seit Jahrzehnten mit Vorliebe «surgical strikes» durch (im Iran, im Irak, in Pakistan und anderswo). «Chirurgische Eingriffe», die genauso wie die russischen «Spezialoperationen» Kontrollierbarkeit vorgeben, wo Kontrolle kaum möglich ist.
«Die Wirklichkeit im Krieg zu beschreiben, braucht endlos viele Worte», sagt die Publizistin Carolin Emcke im Interview mit dem Tages-Anzeiger. Der Krieg in der Ukraine lehrt uns: Die Wirklichkeit im Frieden zu beschreiben, braucht ein Gespür für die richtigen Worte. Philipp Loser ist Redaktor des «Tages-Anzeiger».
Die Lektion der Mikrobe
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
In letzter Zeit beschäftigen wir uns zusätzlich mit der Resilienz von Organisationen. Dies ist eng mit der jeweiligen Unternehmenskultur verknüpft.
Organisationen sind verletzlich. Die Fragestellung der Verletzlichkeit von Organisationen kann nicht mehr ignoriert werden. Das Gegenmittel findet sich im Begriff Resilienz, also Widerstandsvermögen. Forscher definieren drei Hauptpfeiler dafür: «Führung und Kultur», «Anpassungsbereitschaft» und «Netzwerknutzung».
Der nachfolgende Artikel von Dr. Eduard Kaeser zeigt dies gekonnt in seinem Gastbeitrag bei der NZZ vom 25.09.2021
Texterscheinung NZZ Neue Zürcher Zeitung, 25.09.2021, Ressort: Meinung und Debatte; Seite 21
Die Lektion der Mikrobe
Die Realität scheint uns allmählich über den Kopf zu wachsen. Das heutige System technischer menschlicher Zivilisation ist voller Unvorhersehbarkeiten und Eigendynamiken. Woran sollen wir uns halten in Zeiten der Hyperkomplexität? Gastkommentar von Eduard Kaeser.
In bestimmten Phasen des Zweiten Weltkriegs schickten die Briten täglich Bomber über den Ärmelkanal. Die Flugzeuge kehrten meist mit vielen Einschusslöchern zurück. Um die Maschinen zu verstärken, panzerten die Techniker sie an Stellen mit der grössten Löcherhäufigkeit. Wider Erwarten nützte das jedoch kaum. Der amerikanisch- österreichische Statistiker Abraham Wald - so die Legende - machte daraufhin einen kontraintuitiven Vorschlag: Panzert die Maschinen an den Stellen mit den wenigsten Einschusslöchern. Seine Begründung: Maschinen mit sichtbarem Schaden sind wahrscheinlich an harmlosen Stellen getroffen worden, sonst wären sie gar nicht zurückgekehrt. Die verletzlichsten Stellen liegen daher nicht im Sichtbaren.
Sehr viele Schwachstellen
Der Fall verlockt zu einer Analogie. Unsere hochvernetzte Welt ist eine Maschine mit sehr vielen Schwachstellen. Die sichtbaren Einschusslöcher in der Pandemie sind das Virus, seine Varianten und ihre Übertragung. Erwartungsgemäss mobilisiert und intensiviert man die Forschung in den einschlägigen Disziplinen: Virologie, Immunologie, Epidemiologie, Pharmakologie. Die Hoffnung auf eine kurzfristige Lösung der Krise baut darauf. Aber wie steht es mit der längerfristigen Lösung? Wie steht es mit der Erkennung von weiteren Auswirkungen der Pandemie, generell von unsichtbaren verletzlichen Stellen in jenem komplexen globalen System, das heute die Länder des Planeten verbindet?
Könnte sich 2020 immer wieder ereignen? Fragen nach unsichtbaren Schwachstellen werden zweifellos künftig im Fokus stehen. Das heisst: Komplexe Systeme verlangen nach einer ihnen angemessenen Erkenntniseinstellung. Der Mathematiker John Allen Paulos hat sie prägnant umschrieben: Die einzige Gewissheit, die wir haben, ist Ungewissheit; und das Wissen, wie mit Unsicherheit umzugehen ist, bietet die einzige Sicherheit. Nennen wir die Einstellung "Risiko- Agnostizismus". Betrachten wir an vier Schlüsselmerkmalen komplexer Systeme, was das konkreter heisst.
Kollektive Koppelung
Ein erstes, trivial erscheinendes Merkmal ist die kollektive Koppelung der Komponenten. Bleiben wir hier bei der "Komponente" Mensch. Menschen agieren gekoppelt, das heisst, ihre Wahrnehmungen und Handlungen hängen von den Wahrnehmungen und Handlungen anderer ab. Wenn mein Verhalten Wirkung beim anderen zeigt, kann die Wirkung wiederum mein Verhalten beeinflussen. Das führt oft zu einer rückgekoppelten Kollektivdynamik, die sich nicht linear aus den Einzeldynamiken zusammen setzt. Zum Beispiel bei Panikkäufen. Ich sehe, wie jemand Klopapier hamstert, was bewirkt, dass ich auch hamstere, was Ursache für eine Drittperson sein kann, zu hamstern, was mich womöglich veranlasst, noch mehr zu hamstern - ad infinitum. Es wäre irreführend, zu sagen, das Virus sei die Ursache. "Ursache" ist vielmehr das ganze System. Damit hängt ein zweites Merkmal zusammen. Komplexe Systeme unterliegen nicht deterministischen Gesetzen. Aber sie haben durchaus eine Geschichte. Das heisst, sie sind zu dem geworden, was sie sind, aufgrund eines ganz spezifischen kontingenten Entwicklungspfades. Dadurch wird es schwierig, vorauszusagen, wie sich das System weiterentwickelt. Insbesondere erweist sich die Annahme als falsch und oft fatal, die Vergangenheit eines komplexen Systems halte die beste Information für die Zukunft bereit.
Diesen Fehlschluss erleben wir gegenwärtig brutal im Fiasko von Afghanistan. Die westliche Hauptstrategie orientiert sich seit zwanzig Jahren rückwärts am letzten "üblen" Weltereignis, am 11. September 2001. Terrorismusbekämpfung lautet das primäre Ziel. Nun ist der Terrorismus sicher ein globales Übel, aber das Fokussieren auf ein einziges Weltereignis erzeugt blinde Flecken für andere bestehende und vorausliegende Übel in Entwicklungsländern: mangelnde Bildung und Gesundheitsfürsorge, korrupte Eliten und Kader, Armut, Hunger, "Disruptionen" von eingewurzelten Wirtschaftszweigen, Abhängigkeit von globalen Märkten. Bezeichnend die Aussage des amerikanischen Befehlshabers in der Region: "Was ich heute über Afghanistan weiss, kommt nicht einmal in die Nähe dessen, was ich vor 180 Tagen wusste."
Schwarze Schwäne
Ein drittes Schlüsselmerkmal komplexer Systeme sind die nichtstationären Gleichgewichtszustände. Wir vernehmen täglich aus den Medien, wie Regierungen den R-Wert unter 1 zu drücken suchen. Der Wert funktioniert wie ein sozialer Thermostat, der die Infektionsrate auf einem bestimmten Niveau halten und derart einen Ausgleich zwischen freiem und eingeschränktem Handeln gewährleisten soll. Dieses Gleichgewicht ist aber, wie wir alle feststellen, ständig gefährdet, weil es nicht allein vom R-Wert abhängt. So haben Massnahmen wie Social Distancing durchaus die Infektionsraten heruntergedrückt, mit nicht intendierten Folgen allerdings, wie Unterbeschäftigung von ganzen Berufszweigen, Markt instabilitäten, Zunahme psychischer Störungen oder häuslicher Gewalt, um nur einige zu nennen. Verwandt mit diesem Merkmal ist ein viertes, der sogenannte schwarze Schwan: seltene Ereignisse, die an den Rändern einer Normalverteilung liegen. Sie stören die Durchschnittsordnung kaum. In komplexen Systemen kann jedoch ein einziges unwahrscheinliches Randereignis extreme, folgenreiche Wirkungen zeitigen. Die Attentate auf das World Trade Center 2001 und die Finanzkrise 2008 waren schwarze Schwäne.
Sie lösten eine Kaskade unvorhersehbarer Folgen aus, quasi ein Geschwader sekundärer und tertiärer schwarzer Schwäne. Der Klimawandel ist zwar kein schwarzer Schwan (er wurde schon seit langem voraus gesehen). Aber er hebelt zum Beispiel Trocken- oder Regenperioden zu unerwarteten Extremereignissen hoch, wie zum Beispiel jetzt die Überschwemmungen in New York zeigen. Tükisch an schwarzen Schwänen ist, dass wir uns darauf nicht genügend vorbereiten können. Wie gesagt: Die verletzlichsten Stellen liegen im Unsichtbaren.
Historische Erkentnisse
Die ersten beiden Dekaden des 21. Jahrhunderts definieren eine historische Erkenntniskrise. "Komplexitätskrise" nennt sie David Krakauer vom Santa Fe Institute in New Mexico. Sie bedeutet keineswegs Defaitismus angesichts der grossen Risiken. Sie verlangt nur, diese Risiken in einem neuen Licht zu sehen - eine "Konversion" zum Agnostizismus. Man kann die Komplexitätskrise auch als Syndrom einer kritischen Entwicklungsphase der Technologie interpretieren. Traditionelle Technologie baut auf das Paradigma der planenden Vernunft: auf den Entwurf spezifischer Funktionen, auf Vorausschau, Simulation, Kontrolle. Das genügt bei komplexen Systemen nicht. Sie fordern einen neuen Typus von Technologie: "emergente Technologie" ("emergent engineering"). Sie berücksichtigt a priori Unvorhersehbarkeiten und Eigendynamiken eines Systems. Sie operiert nicht mit einem einzigen Plan, sondern mit einem Spektrum von Szenarien, in denen unerwartete Ereignisse "emergieren" können: unbekannte Unbekannte. Wir kennen dafür ein unübertreffliches Vorbild: die evolutionäre Ingenieurin Natur. Sie arbeitet ohne Masterplan, sie wurschtelt sich je nach Umständen durch, und sie bastelt dabei stupend funktionstüchtige Strukturen. Ihr Rezept lautet Robustheit und Anpassungsfähigkeit. Robustheit bedeutet: Komplexe Systeme funktionieren auch dann, wenn Schlüsselkomponenten gestört oder beschädigt sind. Ein Grund dafür sind die Redundanzen in den Systemen. Gene zum Beispiel haben "Back-up-Kopien". Wenn sie beschädigt sind, können die Duplikate die ausfallenden Funktionen übernehmen.
Anpassungsfähigkeit bedeutet: Komplexe Systeme verfügen über einen Lernmechanismus. Im Falle von neuen Herausforderungen ändern sie ihn in kleinen Schritten, was zu neuen Funktionen führen kann. Die kontinuierliche Konkurrenz beider Strategien garantiert letztlich die äonenlange Persistenz und die immense Diversität der natürlichen Arten. Es ist, als wäre die Natur immer schon auf Ungewissheit eingestellt. Das Defizit traditioneller Technologie liegt so gesehen in ihrer "Künstlichkeit". Höchste Zeit, die Evolution stärker als Vorbild schätzen zu lernen. Vielleicht ist das die Lektion der Mikrobe.
Eduard Kaesser ist Physiker und promovierter Philosoph. Er ist als Lehrer, freier Publizist und Jazzmusiker tätig.
Auf ein Glas Wein mit... Stephan Graf von Neipperg
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Wenn Familienwerte Unternehmenswerte nachhaltig prägen, entsteht Qualität mit glaubwürdigen Produkten und zieht ein substanzielles Wachstum nach sich. Das Interview von Philip Schwander mit dem Weinproduzent Stephan Graf von Neipperg lässt auch erkennen, dass es keinen Wertewandel gibt, sondern Einsichten, Fähigkeiten und ein eigenes Selbstverständnis bestehende Werte mit Disziplin zeitgemäss weiter zu vermitteln und die Überzeugung diese auch selbst zu leben. Ein weiters Beispiel davon, wie Unternehmenskultur bewusst lebenswert sein kann.
Philipp Schwander im Interview mit Stephan Graf von Neipperg
Stephan Graf von Neipperg, 63, entstammt dem Hochadel der Reichsgrafen von Neipperg. Er wuchs in Schwaigern bei Heilbronn in Baden-Württemberg auf. Nach dem Studium der Politikwissenschaft- und Betriebswirtschaft folgte ein Önologie-Studium in Montpellier. 1984 übernahm er die Leitung der von seinem Vater Josef Hubert erworbenen Bordelaiser Weingüter, u.a. Canon-la-Gaffelière und La Mondotte, die dank konstant hoher Qualität 2012 zu Premier Grand Cru Classés hochgestuft wurden. Neipperg ist an weiteren Weingütern beteiligt, die er auch weintechnisch berät, so zum Beispiel beim Sauternes Premier Cru Guiraud und beim bulgarischen Weingut Bessa Valley. Stephan ist verheiratet und Vater von 4 Kindern.
Lieber Stephan, vergangenen Monat ist Dein Vater im biblischen Alter von 102 Jahren verstorben. Wie hat er Dich geprägt?
Mein Vater war eine Persönlichkeit mit hohen moralischen Grundsätzen, wie man sie heute nur noch selten antrifft. Das war sicher etwas vom Wertvollsten, was er uns mitgab. Er lernte uns auch ein unabhängiges Denken und forderte uns geradezu heraus, die Dinge zu hinterfragen. Er war sich zudem seiner Verantwortung für die Region um Schwaigern bei Heillbronn bewusst, in der die Familie seit dem Jahr 1120 beheimatet ist. Neben seinem ausgeprägten Sinn für die Familie war er aber auch eine dominierende Figur, die sich selbst durch den Afrikakrieg in El Alamein und die anschliessende Kriegsgefangenschaft nicht kleinkriegen liess. Nach dem Krieg verlor er wegen der Bodenreform rund die Hälfte seines Besitzes und musste das Unternehmen wieder neu aufbauen, was eine sehr starke Persönlichkeit erforderte. Dies machte es meinem ältesten Bruder, als er den Betrieb in Schwaigern übernahm, zu Beginn sicher nicht immer einfach.
Wie kam es, dass Dein Vater ausgerechnet in Bordeaux im Jahr 1971 Weingüter kaufte?
Ich glaube, er verspürte den Osten als Bedrohung und der Westen mit der französischen Kultur lag ihm viel näher. Vermutlich ging es ihm bei diesem Kauf um eine Art Absicherung der Zukunft. Bordeaux war ihm zudem bekannt als berühmte Weinregion und unsere Familie produziert ist ja bekanntlich seit über 800 Jahren Wein. St-Émilion mit seinen Familienbetrieben war ihm dabei bestimmt sympathisch.
Weshalb wurdest Du ausgewählt, nach Bordeaux zu ziehen?
Ich bin das fünfte von insgesamt acht Kindern. Ich wurde ausgewählt, weil ich schlicht und ergreifend derjenige war, der Französisch sprach. Ich studierte in Paris Politikwissenschaft- und Betriebswirtschaft sowie im Anschluss Önologie in Montpellier.
Wie waren die Anfänge in Bordeaux 1984? Wurdest Du als Deutscher überhaupt akzeptiert?
Die Franzosen haben grossen Respekt vor ihren Schulen. Da ich ein Absolvent ihres Systems war und ihre Sprache gut beherrschte, war das ein gewichtiger Vorteil. Meine liebe Frau Siegweis ist zudem eine sehr charmante, einnehmende Persönlichkeit. So gewannen wir schnell die Akzeptanz der Bordelaiser und konnten viele Kontakte zu den bekannten Produzenten knüpfen.
Wie hast du es geschafft, die Qualität Deiner Weine derart stark zu verbessern?
Der grosse Wurf im Weinbau ist selten; meistens erfordert es umfassende Detailarbeit und ein stetes Bemühen, die Qualität anzuheben. Die Verbesserungen erfolgten im Laufe der Jahre Schritt für Schritt, letztlich auch immer mehr zurück zur Natur, weg von Pestiziden und hin zu einem lebendigen Rebberg. Die Weine aus den 1970er Jahren von Canon-la-Gaffelière waren nicht gut, weil sie ohne Respekt gegenüber der Natur produziert wurden und die Böden gewissermassen zu Tode gedüngt wurden. Das gleiche widerfuhr mir auch auf Bessa Valley. Zu Beginn wurde dort ein industrieller, wenig rücksichtsvoller Weinbau praktiziert. Nun arbeiten wir auch auf Bessa Valley wieder auf natürliche Weise, was die Mitarbeiter mit Stolz erfüllt. Die Weine sind dynamischer, strahlender – einfach besser!
Trinkst Du oft teure Bordeaux?
Ich habe meinen Keller glücklicherweise mit exzellenten Bordeaux gefüllt, aber auch anderen vorzüglichen Weinen aus aller Welt mit deren Produzenten ich oft befreundet bin. In unserer Familie gilt, dass wir diese besonderen Weine regelmässig geniessen, aber nie über den Preis sprechen. Es ist auch sehr wichtig, die besten Weine zu verkosten, nur so kann man sich verbessern.
Wodurch zeichnet sich Dein bulgarischer Wein aus?
Thrakien besitzt meines Erachtens ein ganz grosses Potential. Die Geschichte kann sich nicht irren, bereits vor tausenden von Jahren wurde dort Weinbau betrieben und die Ergebnisse geben uns recht: Ich habe tatsächlich noch nie jemanden angetroffen, der den Bessa Valley nicht mochte. Der Wein besitzt einen ganz speziellen Charme und Wohlgeschmack, dem man sich kaum entziehen kann. Dies beweisen auch Deine Verkaufszahlen. Ich schätze mich äusserst glücklich, dass wir Deine anspruchsvolle Kundschaft mit unserer besonders hochwertigen Spezialfüllung derart begeistern können.
Deine Familie besitzt, nicht zuletzt dank Dir, mittlerweile ein kleines Weinimperium. Hast Du bereits einen Nachfolger?
Mein 26jähriger Sohn Ludovic, der an der HSG in St. Gallen Betriebswirtschaft studierte und einen Master in Rebberg- und Kellermanagement besitzt, arbeitet nun in verschiedenen Weinbetrieben und bildet sich weiter fort. Meine Kinder fanden einhellig, dass er inskünftig unsere Châteaux leiten soll. Dies freut mich natürlich sehr.
Erschienen bei Selection Schwander; Online nachzulesen auf der Webseite https://www.selection-schwander.ch/letzte-beitraege/Auf-ein-Glas-Wein-mit../
ÜBER VERZAUBERUNG
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Sprache beginnt im Kopf, klare Gedanken, offensive Bescheidenheit und Respekt drücken sich mit einer anderen Wortwahl aus, als wenn Selbstinszenierung und Empörung im Vordergrund stehen.
Beitrag von Peter Dausend
ÜBER VERZAUBERUNG
Die Kanzlerin spricht bekanntlich kein Trumpisch - für effiziente Eleganz benötigt sie lediglich zwei Wörtchen.
«Ach so» ist eine, auf das erste Hören, doch recht unspektakuläre Entgegnung auf eine überaus pompöse Behauptung - und somit eine typisch merkelianische Reaktion. «Ach SO», antwortete die Bundeskanzlerin, als sie unlängst gefragt wurde, was sie zu der Beteuerung des ehemaligen US-Botschafters in Berlin, Richard Grenell, sage, US-Präsident Donald Trump habe sie bei ihren Begegnungen «verzaubert».
Andere an ihrer Stelle hätten darauf hin womöglich geantwortet: «Ich werde nicht verzaubert, ich verzaubere selbst. Keine andere Regierungschefin bezie hungsweise kein anderer Regierungschef hat die Welt je so verzaubert wie ich.» Angela Merkel hat das aber nicht gesagt. Sie spricht zwar fließend Russisch, aber kein Wort Trumpisch.
In dem schlichten «Ach so» begann aber, sobald es ausgesprochen war, das Gift der Beiläufigkeit zu wirken, eine Substanz, die Personen wie Behauptungen zu verzwergen vermag. Aus dem vermeintlich mächtigsten Mann der Welt machte dieses Gift einen aufgeblasenen Egomanen, aus dem eine deutsche Regierungschefin jederzeit die Luft rauslassen kann.
Die «Verzauberung» enttarnte es als Ernüchterung - und den Verzauberungs Behaupter Grenell ließ es als einen Diplomaten-Azubi mit Wahnvorstellungen erscheinen, den die Kanzlerin am liebsten etwas fragen würde: Ob er noch alle Fransen am Schal habe? Oder, um es amerikanischer auszudrücken, noch alle Sterne im Banner? Effizienter, präziser und eleganter als durch ein “Ach SO” (kann man das Trumpsche Universum der Selbstverliebtheit nicht zum Einsturz bringen. Entzauberte Verzauberung. Das mit der Verzauberung klappt in der Politik im Übrigen genauso wenig wie das mit der Entzauberung. Menschen, die mit dem Namen Karl-Theodor zu Guttenberg noch etwas anfangen können, werden sich daran erinnern, wie einst ein ganzes Volk einem adligen Kanzler-Prinzen huldigte, der nicht nur Nichtwähler in Stimmvieh für die Unions-Parteien verwandeln konnte, sondern auch Doktorarbeiten zu verfassen vermochte, ohne selbst nachdenken zu müssen. Wer sich nach Verzauberung sehnt, landet leicht in Verblendung.
Nicht viel besser geht es einem mit der Entzauberung. Da nimmt man die Linke mit in die Berliner Landesregierung - und plötzlich regiert Bodo Ramelow Thüringen.
Der letzte Ort, an dem Verzauberung noch funktioniert, ist dieser Text. Erst lockt man den Leser mit einer lapidaren Merkel-Aussage dazu, in den ersten Absatz einzusteigen - dann will er gar nicht mehr aufhören mit dem Lesen. Bis er am Schluss merkt, dass alles ein Ende hat. Selbst die Verzauberung durch die Gesellschaftskritik. Ach so.
Erschienen im Zeit Magin Nr. 38 vom 10. September 2020
Wenn das Lokale zu local wird
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Ob Berlin, Wien oder Zürich, wenn im deutschsprachigen Raum versucht mit Anglizismen um Aufmerksamkeit gerungen wird entstehen Irritationen und Missverständnisse. Besonders komisch wirkt es im Kleingewerbe und im Alltag. Es ist eine aktuelle Erscheinung, welche Aufmerksamkeit verdient, weil sie unser Beziehungsverständnis beeinflusst.
Sprachliche Moden und Marotten
Von Pedro Lenz
In dieser fast komplett globalisierten Zeit besinnen wir uns auf die Dinge, die wir selber haben und können. Die Biere lokaler Brauereien munden nicht nur frisch, sie sind auch, klimafreundlich, weil sie nicht um die halbe Welt transportiert werden müssen.
Lokale Geschäfte kennen unsere Bedürfnisse. Lokale Bands besingen unser Lebensgefühl. Wer bewusst lebt, unterstützt lokales Gewerbe und macht sich Gedanken über eigene Werte, eigene Überlieferung und eigene Möglichkeiten. Unlängst hatte ich Gelegenheit, die Stadt Berlin zu besuchen. Bekanntlich ist Berlin eine Art Vorfahrerin oder Wegbereiterin in Sachen Trends. Was heute in Berlin gilt, gilt bald auch in Zürich und etwas später vielleicht sogar in Olten oder Frauenfeld.
Es ist also nicht verwunderlich, dass Berlin auch beim beschriebenen Trend zum Lokalen schon viel weiter ist als wir Provinzler. Wer die Schaufenster in Berlin-Mitte studiert, stösst immer wieder auf Bezüge zum Lokalen. Produkte, Produzenten, Macharten, Design, Material, fast alles ist aus der Nähe. Dieser Bezug zur Nähe wird überall betont und unterstrichen. Das klingt dann zum Beispiel so wie auf dem Schild eines Designer Brands namens CRUBA: «Create Resolutions Using Berlin Arguments».
Eine gute Idee, denkt der neugierige Berlinbesucher. Zwar versteht er den Satz nicht ganz, aber er klingt vernünftig und hat einen klar erkennbaren Lokalbezug. Der Tourist möchte den Laden betreten Und liest an der Tür: «Dear Customers, to ensure that you and our staff remain healthy, we kindly ask you to observe the following rules ...» Es folgt eine Aufzählung der lokalen Coronavorschriften und zuletzt die freundliche Aufforderug: «Stay safe!»
Der Berlinbesucher denkt noch immer über die Bedeutung gewisser Wörter nach, als er beim nächsten Laden auf einer Schaufensterbeschriftung liest, worauf es ankommt: «We know you have choices, thank you for keeping it local!» Da erklärt offenbar ein Laden seiner Kundschaft, er sei sich der Tatsache bewusst, dass der Kunde die Wahl hat. Gleichzeitig bedankt sich der Laden beim Kunden dafür, dass er seine Wahl lokal hält.
Heisst es «die Wahl lokal halten»? Oder müsste es heissen «das fokale Gewerbe berücksichtigen?» Oder ist etwas anderes gemeint, irgendetwas, das der Berlinbesucher mit seinen beschränkten Fremdsprachenkenntnissen nicht durchschaut?
Der Berlinbesucher hat wirklich nichts gegen die Berücksichtigung des lokalen Gewerbes. Er trinkt lokale Spezialitäten und isst mit Vorliebe lokale Speisen. Trotzdem möchte er irgendwann den Verfasserinnen oder Verfassern all der Berliner Informationsschilder zurufen: «Local is really very okay dear friends from Berlin-Mitte. I have no problem with local. But why the hell can't you keep your fucking language local?» An die lokale Leserschaft angepasst: Liebe Berlinerinnen und Berliner, zieht doch die Sache mit dem Lokalbezug zwischendurch auch mal bei der Sprachwahl durch.
Erschienen in der Aargauer Zeitung vom 19. September 2020 auf Seite 7.
Samstagsgespräch «Wer auf die Anerkennung anderer schielt, der ist in Wahrheit ein Sklave»
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Michael Andrick Philosoph und Manager kommt zum Schluss: Es hängt von der Kultur jeder einzelnen Organisation ab, ob sie Sachbezug und Mut oder eher Beziehungspflege und Konformität belohnt. Er begründet dies im nachfolgenden Interview prägnant und nachvollziehbar.
Für jede Unternehmenskultur stellt sich somit die Frage, wieviel Ehrgeiz braucht die eigene Unternehmenskultur, um die Firmenziele nachhaltig erreichen zu können?
Michael Andrick, Philosoph und Manager, spricht über das Aufstiegsstreben im modernen Arbeitsleben und warum Ehrgeiz in seinen Augen keine gute Eigenschaft ist.
«Konformismus darf nicht den Einspruch ausschalten, den wir uns als moralische Wesen gegen das Tun unserer Umgebung bewahren müssen», sagt Michael Andrick.
Wie ehrgeizig sind Sie?
Nach aussen hin erscheine ich sicherlich wie jemand, der nach Erfolg strebt. Ich bin nach dem Philosophiestudium in die Wirtschaft gegangen und habe relativ zügig Karriere im mittleren Management gemacht. Aber ich habe mich insgeheim immer darüber geärgert, wenn andere mich als ehrgeizig bezeichnet haben. Und als Philosoph wollte ich herausfinden, was es mit diesem Unwohlsein auf sich hat.
Also haben Sie ein Buch darüber geschrieben, in dem Sie mit dem Erfolgskult der heutigen Arbeitswelt abrechnen. Was stört Sie am Ehrgeiz?
Mit Ehrgeiz verbinde ich eine bestimmte Form von Konformismus: Wer ehrgeizig ist, muss sich stets fragen, was wohl die plausiblen Erwartungen der anderen sind und wie er diese erfüllt. Er muss sein Denken und Handeln danach ausrichten, was sein Umfeld wahrscheinlich goutieren wird. Denn dann erst bekommt er die Trophäen des Erfolgs, die unsere Arbeitsinstitutionen zu verteilen haben: den nächsten Job, ein höheres Gehalt, die berufliche Anerkennung. Diese Art der Aussenorientierung halte ich für fragwürdig.
Ehrgeiz ist für Sie eine Art moralischer Suizid.
Moralisch sein bedeutet, sich ein Veto gegen das Denken und Tun seiner Umgebung vorzubehalten und im Fall der Fälle den Mut zur Abweichung aufzubringen. Eine moralische Person kann eine Geschichte über sich erzählen: Wo komme ich her, wo gehe ich hin, welche Werte leiten mich dabei? Die Arbeit fügt sich in diese Erzählung ein, aber sie ist nicht der Zweck an sich. Der Gegenpol zur moralischen Person ist in meiner Philosophie der Funktionär. Er setzt die Anforderungen seiner Aussenwelt so um, wie er vermutet, dass sie es von ihm wünscht. Das kann grundsätzlich sehr weit gehen: Autoren wie Harry Mulisch und Hannah Arendt haben in ihren Berichten über den Eichmann-Prozess den NS-Verbrecher als jemanden beschrieben, der durch völliges Fehlen eigenständiger Gedanken auffiel und bereit war, einfach bei jedem Befehl die Hacken zusammenzuschlagen.
Eine Tendenz zur Aussenleitung des Handelns und zur «Unterbetonung» des eigenen, kritischen Urteils ist nach meiner Analyse in unserer Industriegesellschaft grundsätzlich verankert.
Mit Verlaub: Ist es nicht eine vermessene Behauptung, unsere Arbeitswelt verwandle uns geradewegs in Wiedergänger von Adolf Eichmann?
Das will ich auf keinen Fall behaupten, das wäre ein falscher und unvertretbarer Schluss. Eichmann steht allerdings in der historischen Debatte sinnbildlich für den absoluten Extremtypus eines gewissenlosen Funktionärs. Sein Fall hilft als schreckliches Beispiel zur Orientierung. Die Schilderungen über ihn sind finster und bedrückend zu lesen. Mir haben sie gerade deshalb aber geholfen, eine sehr bittere Einsicht zu gewinnen: Die institutionelle Logik, die Konformität mit bestimmten Karrierepfaden belohnt und das eigene, vielleicht kritische Urteil tendenziell bestraft, hat sich in den letzten hundert Jahre nicht sehr geändert. Sie ist mit der Geburt der Industriegesellschaft in die Welt gekommen, und sie bleibt bis heute ein Wesensmerkmal dieser Industriegesellschaft, über das wir uns keiner Illusion hingeben dürfen.
Trotzdem: Wer ehrgeizig die eigene Karriere vorantreibt, ist nicht zwangsläufig moralisch so blind, dass er genauso gut zum Erfüllungsgehilfen eines Mordprogramms werden könnte.
Eine Tendenz zur Aussenleitung des Handelns und zur «Unterbetonung» des eigenen, kritischen Urteils ist nach meiner Analyse in unserer Industriegesellschaft grundsätzlich verankert. Der Ehrgeiz spielt als Leittugend im Betrieb der Industriegesellschaft eine Schlüsselrolle, und dafür will ich meine Leser sensibilisieren. Wenn man sich die Angewohnheit bewahrt, immer wieder zurückzutreten und sich zu fragen, welchen Zwecken man gerade dient und ob man diese Zwecke vertreten kann, dann wird es auch gelingen, moralisch integer zu bleiben. Nur ist das keine leichte Abwägung, sie kann mit Furcht und Risiko belastet sein. Denn wer es mit seiner Integrität ernst meint, der muss eben im Fall der Fälle auch widersprechen und Mut zur Abweichung aufbringen.
Es gibt nichts Unoriginelleres als eine Karriere.
Ist es denn wirklich, wie Sie behaupten, allein unser Ehrgeiz, der uns im Beruf zu gedankenlosen Funktionären und Abnickern macht? Ist es nicht eine Frage der Machtverhältnisse: Wir sind schlicht auf den Job angewiesen, um zu überleben.
Da ist etwas dran. Der Begriff der Professionalität hilft mir, diesen Punkt zu klären: Als Professionalität bezeichne ich den geordneten Gehorsam gegenüber dem Institutionszweck. Das ist nötig in unserer Industriegesellschaft, das machen wir alle zu einem gewissen Grad. Aber nicht alle lassen sich davon vereinnahmen. Ehrgeizig sind für mich diejenigen, die Professionalität zu einem Sport machen: Wem muss ich wohl wie gehorchen, damit sich meine Wahrscheinlichkeit erhöht, eine Abteilung übernehmen zu können oder noch mehr Geld zu bekommen? Damit gerät man in die spezielle moralische Gefährdung, die ich neben vielem anderem in meinem Buch bespreche.
Sie predigen eine Art Stoizismus für die Arbeitswelt. Den Sinn unserer Arbeit sollen wir aus uns selbst schöpfen, nicht aus dem Urteil anderer.
Ich will nicht predigen, sondern argumentieren. Die Stoiker haben meines Erachtens mit einem recht: Wer auf die Anerkennung anderer schielt, der ist in Wahrheit ein Sklave. Wenn wir eine Arbeit aber tun, weil wir damit unsere Werte verwirklichen, dann haben wir den Lohn unserer Arbeit in der Arbeit selbst. Unser Lebensweg ist nie einfach eine Karriere. Ein Lebensweg ist einmalig. Eine Karriere ist per Definition etwas, was jeder betreten und abschreiten kann. In diesem Sinne gibt es nichts Unoriginelleres als eine Karriere.
Wir können in der Industriegesellschaft moralisch integer bleiben. Ist das nicht eine sehr romantisierte Vorstellung, man könne sich so vollkommen autonom machen in seiner Arbeit? Sind wir nicht auf die Rückmeldung anderer angewiesen, um überhaupt das zu erkennen, was wir für uns als sinnvoll erachten können?
Ja, und das ist eine spezielle Entwicklung unserer Zeit. Im Mittelalter wurde man in einen bestimmten Stand hineingeboren: Du bist Bauer, das ist von Gott so gewollt, das ist dein Platz im Leben. Das garantierte Stabilität. Heute haben wir weltanschauliche Pluralität, es gibt keine Einigkeit mehr über die Ordnung der Dinge, und wir müssen unser Leben selbst formulieren. Und dabei sind wir unbedingt auf die Spiegelung durch andere angewiesen. Ein gewisses Mass an Konformismus gehört daher zur Grundkonstitution der modernen Welt und ist für uns auch vernünftig. Er darf nur nicht den Einspruch ausschalten, den wir uns als moralische Wesen gegen das Tun unserer Umgebung bewahren müssen.
Interessanterweise machen Sie in Ihrem Buch eine Gruppe aus, deren Mitglieder diesem Sog zum Funktionieren und dem Heischen nach Zustimmung in unserer Arbeitswelt entgehen können – zufällig die Gruppe, zu der Sie selbst gehören: Führungskräfte.
Prinzipiell kann jeder diesem Sog entgehen, Führungskräfte und «normale» Mitarbeiter der Institutionen unserer Industriegesellschaft. Führungskräfte sollten sich meines Erachtens diesem Sog des Konformismus engagiert entziehen, damit sie Veränderung bewirken können. Denn sie haben eine hochinteressante Doppelrolle. Einerseits müssen Führungskräfte der Logik und den Zwecken ihrer Institutionen gehorchen, also professionell sein. Andererseits müssen sie aber die Professionalität ihrer Organisation durchbrechen und neu ordnen können, etwa wenn die Aussenwelt des Unternehmens sich ändert: durch neue Technologien, durch veränderte rechtliche Rahmenbedingungen. Führung ist das professionelle Durchbrechen der etablierten Professionalität.
Man fühlt sich beim Lesen ein wenig an Platons Höhlengleichnis erinnert: Die einfachen Angestellten sind angebunden in der Höhle und halten die Schatten an der Wand für ihre Wirklichkeit. Die Führungskräfte sind die Philosophen, die die Höhle verlassen können und die Dinge hinter den Schatten erkennen.
Eine Führungskraft ist als ganze Persönlichkeit gefragt. Sie muss wissen wollen: Was stimmt mit der etablierten Praxis nicht mehr? Und was sind die prinzipiellen und machbaren Alternativen? Das ist philosophische Reflexion, wir sind nur nicht gewohnt, es so zu nennen. Eine Führungskraft ist als ganze philosophierende Person beansprucht.
Platon meinte, im idealen Staat herrschen die Philosophen. Sind Führungskräfte die Philosophenkönige der Arbeitswelt?
Es ist zumindest ein schönes Ergebnis meiner Philosophie, dass Führungskräfte in gewisser Weise als Philosophen ihrer Institutionen betrachtet werden können. Das Höhlengleichnis verwende ich nicht, weil Platon damit eine abschätzige Einteilung der Menschen in verschiedene Klassen herleitete.
Überhöhen Sie nicht dennoch Führungskräfte gewaltig? Wenn die Chefinnen und Chefs mehr Autonomie für sich beanspruchen können, dann doch gar nicht so sehr wegen ihrer höheren Einsichtsfähigkeit, sondern weil ihre Position es ihnen erlaubt.
Wie sehr jemand kritisch über seine Umwelt und ihre Praktiken nachdenken und dann auch innovativ handeln kann, das kann man immer nur mit Blick auf den einzelnen Menschen beantworten. Mir geht es um das prinzipielle Kräftespiel, in dem sich jeder Einzelne bewegt. Und das lässt Führungskräften mehr Raum, um als ganze Person zu wirken. Und das sollten sie versuchen.
Als Führungskraft haben Sie die Möglichkeit, das System von innen heraus zu wandeln.
Man könnte auch den Verdacht haben, Sie zeichnen vor allem deswegen ein so wohlwollendes Bild von Führungskräften, um nur den performativen Widerspruch aufzulösen, in dem Sie sich befinden: Da kritisiert ein erfolgreicher Manager das Erfolgsstreben.
Ohne selbst Führungskraft zu sein, hätte ich niemals die Einsichten bekommen, die ich jetzt philosophisch verarbeiten konnte. Als Führungskraft im industriellen System stützen Sie natürlich dieses System, Sie haben aber auch die Möglichkeit, es von innen heraus zu wandeln. Meine Erfahrung ist, dass diese Spielräume von einer Führungskraft in jedem einzelnen Fall neu erkämpft werden müssen. Es ist nicht der Standardmodus der Industriegesellschaft, dass Sie einmal alles hinterfragen und dann anders machen dürfen. Am Ende ist das die moralische Frage, die auch ich mir immer wieder stelle: Habe ich genügend Möglichkeiten, in meiner Berufstätigkeit an einem positiven Wandel mitzuwirken? Bei mir ist das auf jeden Fall so.
In Führungspositionen kommen aber dummerweise eher diejenigen, die vom Ehrgeiz getrieben sind.
Es hängt von der Kultur jeder einzelnen Organisation ab, ob sie Sachbezug und Mut oder eher Beziehungspflege und Konformität belohnt. Mir scheint nicht, dass philosophischer Ernst das beste Rezept für den maximalen Karriereaufstieg ist. Eine Aufwärtsselektion der Ehrgeizigen untereinander findet immer statt – aber warum sollen sich nicht auch betont selbstständige Charaktere in fairer Weise gegenseitig voran helfen können? Ich persönlich durfte das schon erleben.
Hatten Sie einmal das Gefühl, selbst in die Ehrgeizfalle geraten zu sein?
Ich hatte einmal eine Phase, in der eine relativ schnelle Beförderung über mehrere Hierarchiestufen in kurzer Zeit möglich schien. Das passierte dann auch. Aber ich fühlte mich damals wie eine Rechenmaschine für den nächsten Schritt. Ich habe ständig überlegt: Welche Mitspieler habe ich bei diesem Projekt? Wem kann ich was wann in welcher Form sagen, damit es keine Konflikte gibt? Welche Informationen teile ich jetzt, welche später? Wie setze ich bestimmte Termine? Alles wird einer manipulativen Logik untergeordnet, um die Dinge und Menschen so zu orchestrieren, dass es dem eigenen Fortkommen dient. Das ist letztlich eine unmenschliche Verhaltensweise. In dieser Zeit habe ich so viel gearbeitet, dass ich praktisch nicht mehr zu Hause war und all meine persönlichen Beziehungen radikal vernachlässigte. Ich habe damals so schwer meinem Laster gefrönt und Zigarillos geraucht, dass ich Magenprobleme bekam. Daraus habe ich viel gelernt, was ich auch philosophisch verarbeitet habe.
Und was antworten Sie den Menschen, die Sie als ehrgeizig bezeichnen?
Wenn Sie eine philosophische Kritik formulieren, müssen Sie immer gegen die etablierte Sprache angehen. Ehrgeiz ist positiv konnotiert, er ist sozusagen die Leittugend des industriellen Betriebs. Ich würde die Rede vom Ehrgeiz so übersetzen: Wer eine Führungsposition anstrebt, weil er gern mit Menschen arbeitet und gern mit ihnen zusammen grosse Projekte bewegt, der hat ja eine Wertorientierung. Der will ja nicht einfach nur nach oben, der hat inhaltliche Gründe dafür. Wer mich kennt, weiss, dass ich mir nicht besonders viel mache aus den vermutlichen Meinungen anderer Leute über mich. Ich mache mir aber sehr viel daraus, meine Ziele zu erreichen, weil ich sie gewöhnlich für mich selbst gut begründet habe. Ich würde also antworten: Ich bin zielstrebig, aber nicht ehrgeizig. So löst sich auch mein Unwohlsein auf.
Erschienen im Tages-Anzeiger vom 23.05.2020
Digitaler Stress
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Die Philosophin Lisa Herzog beschreibt im Artikel anschaulich und lebendig den digitalen Stress. Dieses Phänomen beobachten wir auch bei der Ermittlung von Firmenkulturen. Bei der Auswertung der Resultate sind Führungskräfte erstaunt, wenn wir sie mit ihrem „selbstgemachten Digitalen Stress“ konfrontieren. Darin liegen oft die Ursachen dafür, dass gut gedachte Freiräume für Innovationen und Identitätsbemühungen nicht umgesetzt werden können.
Von Lisa Herzog 31. Oktober 2019
Philosophieprofessorin an der Universität Groningen und freie Autorin der ZEIT
Digitaler Stress
Für Ihre Erholung müssen Sie schon selbst sorgen!
Haben Sie sich eigentlich schon einmal gefragt, warum so viele Apps und Computerprogramme rote Signale verwenden, wenn eine neue Nachricht oder eine neue Aufgabe eintrudelt? Na klar: Rot ist Signalfarbe, wir sind geradezu biologisch darauf getrimmt, hinzusehen und draufzuklicken! Und schon ist die Aufmerksamkeit wieder unterbrochen, der gedankliche Faden zerrissen. Am Computer oder auf dem Handy ist jede Ablenkung nur einen Klick weit weg, es wird einem leicht gemacht, an der Oberfläche zu bleiben, statt in die Tiefe zu gehen – der Begriff "Surfen" beschreibt das, vielleicht unbeabsichtigt, mit.
Das führt zu Sorgen, dass weniger Bücher gelesen werden, aber auch, dass zu viel digitaler Stress am Arbeitsplatz konzentriertes Arbeiten unmöglich macht, während gleichzeitig die ständige Erreichbarkeit ein komplettes Abschalten erschwert und die Arbeitenden dann nicht erholt genug sind, wenn sie aus Wochenende oder Urlaub zurückkommen. Die meisten Firmen, so scheint es, würden ihren Kuchen am liebsten aufessen und behalten: Sie wollen ständig erreichbare und erholte, hochkonzentrierte Mitarbeiter.
"Die Verantwortung wird dem einzelnen Individuum zugeschoben."
Und natürlich mangelt es auch nicht an Vorschlägen, wie mit dem digitalen Aufmerksamkeitsproblem umzugehen sei. Sie reichen vom Tipp, den Smartphone-Bildschirm auf Graustufen umzustellen (dann wird keine Rot-Reaktion ausgelöst) über Kerzen und Zimttee (statt Handy!) vor dem Schlafengehen bis hin zu den täglichen 15 Minuten "auf den eigenen Atem hören". Nichts gegen diese Vorschläge, aber auffällig ist doch: Die Verantwortung wird dem einzelnen Individuum zugeschoben. Wer heute sein Humankapital optimal vermarkten will, hat eben auch die eigene Aufmerksamkeit und Erholung selbst zu managen!
Aufmerksamkeit – und damit auch ihre digitalen Feinde – sind aber keine rein individuelle Angelegenheit, sondern eine gesellschaftliche, und, in gewissem Rahmen, auch eine politische. Schon im Jahr 1998 prägte Georg Franck den Begriff der "Ökonomie der Aufmerksamkeit". Doch Google, Facebook, Instagram, WhatsApp und wie sie alle heißen führen den Kampf um unsere Aufmerksamkeit mit noch viel raffinierteren Mitteln, als dies damals vorstellbar war – selbst einige ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Firmen haben das inzwischen eingesehen. Internetfirmen wollen maximale Interaktionszeit, damit die Chance maximiert wird, auf Werbung zu klicken. Und wie könnte dies besser gelingen als dadurch, dass man uns ständig neue, immer noch aufregendere Links vorführt, noch mehr aufpoppende Fenster mit neuen Nachrichten hat?
Das war immer das Ziel der Werbeindustrie, wie Tim Wu in seinem Buch The Attention Merchants schreibt. Was er aber auch zeigt: Es gab immer wieder Gegenbewegungen; der Unwille der Konsumenten, immer mehr Bereiche ihres Lebens der Werbung zu überlassen, führte in der Vergangenheit zu verschiedenen gesetzlichen Regulierungen zur Eindämmung von Werbung, um die Hoheit über die Aufmerksamkeit neu zu definieren. Auch der Philosoph und Motorradmechaniker Matthew B. Crawford, der mit seinen Überlegungen zur seelenbildenden Wirkung handwerklichen Arbeitens berühmt wurde, sorgt sich in seinem jüngsten Buch über das Ausmaß, in dem wir als Gesellschaften die Aufmerksamkeit dem Kommerz überlassen. Dadurch werde es schwerer, als Individuum einen genuin eigenen Lebensentwurf zu finden – und außerdem etwas zu erhalten, was er attentional commons nennt. Also gemeinsame Räume der Aufmerksamkeit, die nicht von Werbung, laufenden Fernsehern und anderen Ablenkungsmaschinen beherrscht werden, und in denen Träumereien und spontane Begegnungen mit anderen Menschen stattfinden können.
"Würde der Staat ein Gesetz erlassen, dass am Wochenende keine E-Mails für den Job geschrieben werden dürfen, würde auch das vermutlich munter umgangen."
Wer jetzt nach dem Staat ruft, liegt allerdings nur halb richtig. Sicherlich, es gäbe die eine oder andere sinnvolle gesetzliche Maßnahme, aber viele Dimensionen von Aufmerksamkeit betreffen so intime Entscheidungen im Leben von Individuen, dass der Versuch, sie gesetzlich zu regeln, schlicht illiberal wäre. Und vieles wäre wohl in der Praxis gar nicht durchsetzbar. Eine wohlmeinende Firma experimentierte damit, ihren E-Mail-Server am Wochenende abzuschalten – und eine Mitarbeiterin erzählte mir im nächsten Atemzug, dass sie dann eben die E-Mails auf dem Laptop vorbereite, abspeichere und am Montagmorgen verschicke. Würde der Staat ein Gesetz erlassen, dass am Wochenende keine E-Mails für den Job geschrieben werden dürfen, würde auch das vermutlich munter umgangen. Man könnte einfach chatten. Regeln alleine würden also nicht ausreichen.
Warum aber schrieb die Mitarbeiterin die E-Mails am Wochenende? Man darf vermuten, dass es vor allem die sozialen Normen und Erwartungen ihrer Kollegen waren, die sie dazu trieben: Die Arbeit war in der regulär vorgesehenen Zeit nicht zu schaffen, aber sie wollte niemand enttäuschen. Aber solche Normen und Erwartungen sind nicht in Stein gemeißelt – auch sie können geändert werden. Chefinnen können mit gutem Beispiel vorangehen, ständige Erreichbarkeit kann nicht nur Zustimmung und Bewunderung, sondern auch ein Stirnrunzeln auslösen. Anstatt uns gegenseitig darin zu bestärken, den digitalen Aufmerksamkeitsfressern ständig anheimzufallen, können wir uns auch darin unterstützen, ihnen zu widerstehen. Zusammen mit einem derartigen Kulturwandel könnten auch Regeln, sei es auf Ebene von Firmen oder durch Gesetze, ihre Wirkung entfalten.
Ähnliches gilt auch für den Umgang mit den Aufmerksamkeitsfressern, die unser Privatleben so gerne erobern wollen. Die eine oder andere Sache kann und sollte sicher gesetzlich geregelt werden; so stellt sich etwa die Frage, wie die Politik den Rahmen für das Wettrennen zwischen Adblockern und Werbetreibenden gestaltet. Aber wie viel man das Smartphone in der Hand hat, wenn man mit Freunden oder Familienmitgliedern unterwegs ist, kann der Staat nicht regeln. Es kann aber durchaus unterschiedliche kulturelle Praktiken und Normen geben, die mehr oder weniger große attentional commons schaffen. Wer weiß, wie viele andere Veränderungen möglich würden, wenn durch ein bisschen weniger digitalen Aufmerksamkeitsklau neue Freiräume für das Weiterdenken spontaner Ideen oder für neue Begegnungen mit Mitmenschen entstünden!
Was dabei auf dem Spiel steht, ist die Art und Weise, wie wir arbeiten, aber auch, wie wir leben, in einem sehr existenziellen Sinn. Tim Wu zitiert den amerikanischen Philosophen und Psychologen William James: Die Erfahrungen eines Lebens sind das, worauf wir unsere Aufmerksamkeit gerichtet haben. Die Beantwortung dieser Frage, individuell und gesellschaftlich, gehört nicht in die Hände des Marktes, sondern in die der demokratischen Debatte.
Wenn Anglizismen nicht hinterfragt werden, wird die Kommunikation zur Lachnummer
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Es gilt die Erkenntnis – so wie wir sprechen, so denken wir auch. Das nachfolgende Beispiel sollte uns anregen, die deutsche Sprache bewusster zu pflegen. Weil damit so manches Missverständnis vermieden werden könnte und aufgeblasene Auftritte ihre Repräsentanten enttarnen.
Auszug von Beispielen aus einem Internetbeitrag:
Wir können alles ... außer Hochdeutsch
Die deutsche Wirtschaft ist ein bedeutender Faktor im internationalen Geschäftsleben. Die Vorherrschaft der englischen Sprache wird allerdings auch innerhalb Deutschlands unwidersprochen akzeptiert und in Form von modernen, scheinbar populären Fachbegriffen in die deutsche Sprache eingebaut - sogenannte Anglizismen.
Hier der Text des viralen Videos der SAP zum nachlesen:
IHP, JSP um enterprise appliaction intergation zu machen return on investment ..., oder NPV, internal rate of return, payback period. Abkürzungen die Sie wahrscheinlich nicht hören wollen. ..., stimmt, wir wollten ja Deutsch reden.
Wir bieten im Bereich sophisticated, small and medium business, mysap.com basierte vertikale Lösungen. Und dann haben wir eine Reihe von context sensitiven Operation, um jetzt die ganzen OLPA Funktionen auszulösen: drill down, ... Accenture, Braxton, Bearing Point, und das läuft bei uns unter dem Stichwort close-the-loop.
Also KPMG und Deloitte und CGEY würde Ihnen vielleicht mehr sagen wir brauchen eine einfache easy-to-use Pardon, müssen wir mal einen cut machen ... really very ... sehr simple Lösung, und es wird Zeit, dass wir einen bold-move machen, muss ich auch sagen, ist jetzt keine rocket-sience was vielleicht gar nicht so schwierig ist, aber wir haben field-op, wir haben fit-for-growth, post-merger-integration, neue survey, wir haben performance feedback, aber weniger connectivity wie kommen wir ans TCO wir brauchen regionale, globale, lokale views mergers and acquisitions ... outsourcing und sehr, sehr, eng tracken geht's noch besser?
Über HTML getunnelt, über OD - ODBO, OLDV-OLAP zu den BW-Servern
und was, um des Himmels willen, soll das denn eigentlich alles bedeuten?
Dass wir jetzt auch n' Fokus innerhalb der globalen PSO auf das Thema Business-Consulting setzen.
Datum: 16.09.2019
Digitalisierung beeinflusst Kultur
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Professor Gunther Dueck beschreibt im nachstehenden Interview das aktuelle Empfinden und den Umgang mit der Digitalisierung. Seine Beschreibungen machen auch sichtbar welche Anforderungen auf Firmenkulturen zukommen. „Ich kann den Managern nicht einfach sagen, ‹ihr müsst jetzt auf ein anderes Mindset umstellen›. Aber man kann es erklären und später, wahrscheinlich in Not, erinnern sie sich hoffentlich daran. Es gibt keine simplen Rezepte für einen Mindset-Change. Die werden ihnen leider in Mengen verkauft, aber das sind dann Ratschläge wie Neujahrsvorsätze.“
Digitalisierungs-Experte: «Wir reduzieren die für die Arbeit notwendige Intelligenz immer weiter»
Mathematiker, Professor, IT-Chef bei IBM, Autor, Redner. Gunter Dueck hat viele Begabungen. Mit einer sorgt er seit Jahren im deutschsprachigen Raum für Furore: Er hält uns Menschen und den Unternehmen schonungslos den Spiegel vor und kritisiert, wie hilflos wir mit der Digitalisierung umgehen.
«Warum machen Sie so ein traditionelles Interview? Die Leute gucken doch alle nur Youtube», sagt Dueck mit einer Bratwurst in der Hand und grinst. Der gefragte Redner ist wenige Minuten zuvor mit seinem Auto bei einer Konferenz rund ums Thema Innovation in St.Gallen angekommen. Fünf Stunden war er unterwegs, das Mittagessen hat er verpasst. Aber Gedanken ums Essen müsse er sich bei solchen Tagungen nie machen: «Ich werde immer versorgt.» In der einen Hand die Wurst, in der anderen das Handy - unruhig, da er in der Schweiz keinen Empfang hat - setzen wir uns in einer ruhigen Ecke auf ein Sofa.
Gunter Dueck, womit verbringen Sie mehr Zeit; mit Ihrem Smartphone oder Ihrer Frau?
Theorien besagen, dass Partner nach sechs Jahren Beziehung im Schnitt nur noch 10 Minuten am Tag zusammen reden. Da sind wir weit darüber. Wir haben uns die Hausarbeit geteilt: Sie macht alles, was Saubermachen betrifft und ich mache den Einkauf und koche. Ich koche leidenschaftlich gern. So verbringen wir den Abend eigentlich immer gemeinsam. Mein Smartphone ist dann irgendwo im Haus an der Ladestation und ich vergesse es. Das gibt dann Tadel von den Kids, wenn ich bei WhatsApp nicht gleich antworte.
Sie fahren von Veranstaltung zu Veranstaltung, um launig über die Digitalisierung zu reden. Machen Sie das zur Unterhaltung oder hoffen Sie darauf, Ihre Zuhörer klüger zu machen?
Ich will natürlich eine Botschaft rüberbringen und ehrlich sein. Die Botschaft ist manchmal hart: Das Unternehmen ist in akuter Gefahr. Trotzdem sollen alle Mitarbeiter noch total begeistert sein. Das geht ja nicht. Ich versuche, die Lage darzustellen, ohne zu frusten. Früher war Digitalisierung eben noch Aufbruch, heute kann sie schon weh tun. Ich versuche es positiv rüberzubringen, damit doch noch ein Aufbruch gelingt.
Sie haben bei Ihren Auftritten ähnlich viele Lacher wie mancher Comedian. Woher kommt dieses Talent?
Das hatte ich schon immer. Ich habe schon als Kind sehr blumige und pointierte Aufsätze geschrieben. Später an der Uni als Assistent meinte ein Professor zu mir: ‹You are the born lecturer› - Das war so ein Erweckungserlebnis für mich. Von da an habe ich mich verpflichtet gefühlt, gute Vorträge zu halten.
Veranstaltungen unter dem Motto «Digitalisierung ist wichtig» mögen Sie nicht, habe ich das richtig verstanden?
Wissen Sie, ich sage seit dreissig Jahren, dass die Digitalisierung wichtig ist. Die Leute nehmen es aber erst jetzt ernst. In der Entwicklung hat es schon immer sogenannte Tipping Points gegeben. Momente, in denen sich Dinge auf einen Schlag radikal ändern. Das iPhone war so ein Tipping Point. Das Mobiltelefon war schon lange da, aber dann kam Apple und hat es perfekt gemacht. Jetzt kommt wieder so ein Wendepunkt - wir sehen das in den Unternehmen. Die jungen Leute, die schon digital aufwuchsen, werden gerade Abteilungsleiter oder gründen Startups. Die sind es leid, dass die Älteren die Zeichen der Zeit nicht erst nehmen. Ich fürchte, bald werden alle Blockierer in den Vorruhestand geschickt, das hat meine Generation in den Neunzigerjahren auch schon mal so gemacht.
Sie waren einst Technischer Direktor bei IBM Deutschland, also ein Mitgestalter der Digitalisierung. Heute agieren Sie mit Ihren Büchern und Vorträgen als kritischer Beobachter der Entwicklung. Wie kam es zu diesem Rollenwechsel?
Da gibt es keinen Rollenwechsel, ich war schon immer kritisch. Schon damals bei IBM. Ich sollte 1997 einen Fachartikel schreiben und habe stattdessen eine völlig unübliche und launige Kolumne geschrieben. «Für die Nutzung von Datenbanken sollte man einen Waffenschein beantragen.» Dieser Artikel kam so gut an, dass ich Kolumnist wurde.
Und IBM hat diese Kolumne und Ihre Haltung akzeptiert?
Ja, das hat man bei IBM immer akzeptiert, man hatte vielleicht oft Probleme mit meiner Meinung, aber nicht mit mir. Bei IBM hatte ich im Rückblick besehen eine erstaunliche Autonomie. Ich habe viele Leserbriefe bekommen: «Bei uns würdest du gefeuert!»
Zu dieser Zeit ist auch Ihr Twittername Wild Dueck entstanden.
Bei IBM heissen Querdenker «Wild Duck». Das geht auf einen Tagebucheintrag von Sören Kierkegaard zurück. Eine Wildgans unterbricht kurz ihren Herbstflug nach Süden auf einer Gänsefarm und versucht sie zum Mitfliegen zu bewegen. «Hier muss keiner fliegen! Hier haben wir im Winter einen Stall.» So reden die Konzerngänse über Digitalisierung. Irgendwann kommt ein Einschnitt, der Farm geht es schlecht und sie muss schliessen. Die Gänse könnten immer noch in den Süden fliegen, aber sie haben es verlernt. In diesem Sinne verstehe ich mich als Wild Duck.
Was kommt häufiger vor: das Sie über neue technische Möglichkeiten staunen oder über uns Menschen im Umgang mit diesen Technologien lachen?
Staunen tue ich nicht, weil man durch normales Nachdenken auf alles selber draufkommt. Nehmen wir das Beispiel der selbstfahrenden Autos. Ist doch völlig klar, dass es auch selbstfahrende Lastwagen geben wird. Die sind ohne Fahrer viel billiger und etwa doppelt so schnell, weil der Fahrer heute lange Pausen machen muss. Wenn die Logistik so viel billiger ist, muss doch alles darauf hinauslaufen! Einsparungen bringen immer einen Wendepunkt. Aber Sie sehen wieder: Die Leute sagen: ‹Ich glaube das nicht.› Und dann werden sie irgendwann 75 Jahre alt, müssen den Führerschein abgeben und merken, dass so ein selbstfahrendes Auto eigentlich ganz gut wäre. So wie Opa und Oma jetzt WhatsApp schätzen, weil sie mit den Enkeln verbunden sind. Menschen, sagte schon Platon, bilden sich eine endgültige Meinung an Hand ihrer eigenen Erfahrung. Ohne Erfahrung schütteln sie den Kopf. Logik hat keine Chance.
Wie können wir denn klüger mit dem digitalen Wandel umgehen?
Die Digitalisierung wird schneller vorangetrieben, wenn man sie in die tägliche Erfahrung mit aufnimmt. Da müsste man einfach ein bisschen offener sein. Wer mitmacht, sieht alles klarer. Wer nur von außen kritisiert, nervt. Wenn meine Frau meinen Sohn zum Essen rief, schrie er zurück: «Geht jetzt nicht, erst wenn das Spiel zu Ende ist!» Das machte sie ärgerlich. Heute hat sie selber Games auf dem iPad, und wenn ich zum Essen rufe, ruft sie zurück ‹gleich!›. Man muss die Dinge selber ausprobieren.
Ihr Vortrag bei der Republica im Mai in Berlin hatte den Titel: «Wie erkenne ich Bullshit und Wert?» Warum verbringen wir die meiste Zeit im Internet mit Bullshit?
Man kriegt uns damit leicht. Die Medienindustrie bedient ganz gezielt unsere Instinktreaktionen. Sowas wie Ekel, Empörung, Wut, Sex, Sensation. Man provoziert, damit wir gleich darauf anspringen und aufschreien. Früher hatten wir ernsthafte Nachrichten, heute schüttle ich den Kopf, weil Nachrichten oft vollkommen marginale Dinge aufbauschen: «Da ist im Kongo einer vom Dach gefallen, und das Bild hat Madonna auf Instagram gelikt.» Danach sind die Leute irgendwie süchtig geworden. Da schlägt so etwas wie eine Wünschelrute im Körper aus. Der ganze Mist im Internet ist ja nur da, weil ich ihn anklicke.
Da werden im Netz also unsere niedrigen Instinkte bedient und wir sind dem machtlos ausgeliefert?
Wir haben unsere Instinkte bis jetzt gar nicht kennen gelernt. Unsere Kultur unterdrückt sie - durch Erziehung, Bildung, Religion und Chefs. «Keine Emotionen!» Das Körperliche ist im Christentum Sünde, in Indien kommt der Körper aufs Nagelbrett. Bei uns wird der Mensch in der Schule nach Betragen, Ordnung und Fleiss bewertet. Die katholische Kirche sieht Völlerei, Stolz auf einen Porsche, Wollust und dergleichen als Todsünde. Nur als Kunde und im Internet sollen wir mit der eigentlich verdammten Seite unseres Körpers reagieren und klicken und kaufen. Man manipuliert da unsere Instinkte, die wir gar nicht so genau kennen, weil sie unterdrückt sind. Im Umgang mit neuen Medien und diesen ganzen Inhalten im Netz sind wir entsprechend hilflos und können gar nicht erwachsen damit umgehen. Darum müssten wir uns mit unseren Ur-Instinkten befassen und sie offener in der Erziehung handhaben und ausleben.
Welche Rolle spielen diese Instinkte in der Unternehmenswelt?
In der Startup-Welt treten viele positive Instinkte zutage. Willenskraft, Zuversicht, Freude. Diese Tatkraft wird bei Innovation verlangt. Menschen, bei denen diese Instinkte unterdrückt sind, sind oft Manager von grossen Firmen. Die sagen, dass man etwas verändern sollte, aber das können die gar nicht, weil die Erziehung, die Religion und auch die Firmenkulturen Instinkte vollkommen unterdrücken.
Sie nehmen gerne neue Tools und Arbeitsweisen wie zum Beispiel "Design Thinking" aufs Korn. Sind die Ideen dahinter schlecht, oder werden sie einfach schlecht angewandt?
Ich kann es am besten mit Kochen erklären: Caterer, die Essen für Tagungen liefern, kochen quasi industriell. In diesem Prozess nach Rezept kann keine einzige Person kochen. Einer bedient die Zwiebelschneidemaschine, einer portioniert Fisch. Keiner hat eine Ahnung, wie es schmecken muss, der Geschmack ist im Rezept. Der Prozess muss dabei streng eingehalten werden. Sie wissen aber nicht um das Ganze und auch nicht, wie Kunden alles finden. Wenn man nun die Rezepte oder Prozesse ändern will, muss man aber das Ganze und den Kunden verstehen, also ‹kochen können›. Wenn man aber kochen kann und die Rezepte ändern will, muss man erst üben und lernen, was Kunden schmeckt. Es geht dabei noch nicht um den Gewinn, sondern ums Lernen. Manager von heute fragen aber nur nach dem Gewinn, können nicht kochen und wollen nicht lernen.
Es geht nicht darum, neue Regeln zu erfinden. Es geht darum, ein anderes Mind-Set zu haben.
Digitalisierung heisst: Wir müssen die bestehenden Rezepte verlassen und auf die Kunden hören. Wenn ein Unternehmen Innovation will, muss es lernen, lernen, lernen.
Sie beraten zahlreiche Unternehmen auch hier in der Schweiz bei der Aufgabe, die Digitalisierung zu bewältigen und Innovation zu schaffen. Rezepte halten Sie für zwecklos. Wie verändern Sie das Mind-Set der Manager?
Man muss sie irgendwie dahinkriegen, dass sie erkennen, wie gefangen sie in all den alten Prozessen und Regeln sind. Das ist nicht einfach. Nehmen wir als Beispiel einen Alkoholiker. Die Diagnose dauert fünf Sekunden - er hat eine rote Nase. Die Therapie ist relativ einfach - er darf nicht mehr trinken. Aber dazwischen liegt eine lange Phase, bis er die Diagnose akzeptiert. Eben, dass er Trinker ist, dass er abhängig ist und dass er jetzt aufhören will.
Ich kann den Managern nicht einfach sagen, ‹ihr müsst jetzt auf ein anderes Mindset umstellen›. Aber man kann es erklären und später, wahrscheinlich in Not, erinnern sie sich hoffentlich daran. Es gibt keine simplen Rezepte für einen Mindset-Change. Die werden ihnen leider in Mengen verkauft, aber das sind dann Ratschläge wie Neujahrsvorsätze.
Sie haben in ihrem Buch «Lean Brain Management» schon 2006 kritisiert, dass das einzige, was wir in der Digitalisierung noch nicht angegangen sind, unser Verstand. ist. Sind wir jetzt, 13 Jahre später, beim Verstand angelangt?
Ich habe damals bewusst eine Dystopie geschrieben, eine düstere Provokation - ich war damals böse, dass die Prozessorientierung unsere Arbeit verdummt. Wir kommen in eine Phase der McDonaldisierung, in der die McJobber schon fast automatisch arbeiten. Ich schlug im Buch vor, alle Intelligenz bei der Arbeit durch Prozesse zu ersetzen und alle Leute nur noch gegen Mindestlohn arbeiten zu lassen. Das wäre die ultimative Einsparung. Ich wollte mit dem Buch eindringlich vor dieser Entwicklung warnen. Doch es ist genau so gekommen. Unternehmen haben heute das Ziel, alle Prozesse so einfach zu machen, dass sie idiotensicher sind. Die einzige Intelligenz braucht derjenige, der den Prozess entwickelt.
Das Aufkommen künstlicher Intelligenz dürfte diese Entwicklung noch verschärfen.
Die künstliche Intelligenz ist lange nicht da, wohin die Medien sie hochspektakulär hinstellen. KI kann sehr viel automatisieren, etwa Autos steuern. Aber doch nicht denken! Sarkastisch gesehen wird KI nicht besser, aber wir Menschen dem Roboter ähnlicher. Kassenpersonal begrüsst uns wie ein Roboter: «Hallo!» Am Flughafen: «Die Bordkarte, bitte!» Im Hotel: «Bitte die ersten zwei Buchstaben Ihres Nachnamens. Aha, danke. Frühstück ist von 6 bis 10, blabla...» - wie ein Roboter.
Wir dimmen die für die Arbeit notwendige Intelligenz immer weiter runter, bis sie auf dem Niveau der heute verfügbaren künstlichen Intellingenz ist.
Das ist ein düsteres Bild für die Zukunft.
Das ist das, womit sich die Konzernchefs heute beschäftigen. Der Effizienzwahn macht die grossen Unternehmen immer starrer. Aber wir haben die Startups, die die Welt besser machen wollen. Die grossen trägen Unternehmen werden verlieren, aber die Start-Ups werden mit verständigen Menschen neu beginnen.
Zur Person
Gunter Dueck lässt sich nicht in eine Schublade stecken. Der 68-jährige aus dem deutschen Hildesheim war Professor für Mathematik an der Universität Bielefeld, war Chief Technology Officer bei IBM Deutschland und hat unzählige satirisch-philosophische Sachbücher über das Leben, die Menschen und Manager herausgegeben. In den letzten Jahren machte sich Dueck einen Namen als gefragter und talentierter Redner zum Thema Digitalisierung. Humorvoll und schonungslos zeigt er seinem Publikum auf, wie hilflos der Mensch und wie überfordert Manager mit den Herausforderungen des Wandels umgehen. Als Digitalisierungs-Experte berät Dueck auch Schweizer Unternehmen. Seit 2018 ist der Deutsche zudem als Investor tätig und hat in ein Startup investiert, welches im Netz Coaching und Persönlichkeitsentwicklung anbietet. Gunter Dueck ist bei Twitter als @wilddueck aktiv.
Spitäler
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Diese kleine Randbemerkung im Tagesanzeiger soll Verantwortungsträgern von Firmen darauf aufmerksam machen, wie wirksam Zusammensetzungen von Verwaltungs- Aufsichts- oder Siftungsräten sind. Unternehmenskulturen werden nicht von Theoretikern geprägt. Lebenserfahrung, Berufserfahrung, Führungserfahrung und menschliche Reife (Fähigkeit zur Selbstreflektion) sind Eigenschaften und Fähigkeiten, die hinter monetärem Erfolg stecken.
In den Verwaltungsräten von Spitälern dominieren laut den Sonntagszeitungen der Ost- und Zentralschweiz Ärzte, Politiker und Anwälte. Das zeigt eine Studie der Geschäftsberichte. Das stünde im scharfen Kontrast zum Rest der Wirtschaft. Dort weisen zwei von drei Verwaltungsräten Erfahrung in einer Geschäftsleitung auf. In den Aufsichtsgremien von Spitälern seinen dagegen viel seltener Geschäftsleitungsmitglieder zu finden. Experten sähen in der ungenügenden Durchmischung einen wichtigen Grund für die hohen Spitalkosten. (sda)
Wofür tragen wir Verantwortung
Kommentar Hässig & Stoff, Unternehmenskultur-Controlling®
Unternehmenskulturen die den Wert Verantwortung pflegen, wissen, dass damit gleichzeitig die Selbstverantwortung des Einzelnen gestärkt wird. Eine Gemeinschaft wird über Eigenverantwortung getragen und über den Gemeinsinn definiert. Die Gedanken von Professor Thomas Fuchs zeigen auf welche Aspekte dem entgegenwirken.
DIE ZEIT – 14. Februar 2019 / N° 8 /
Bund FEULLETON / Rubrik SINN UND VERSTAND/ Seite 40
Wofür tragen wir Verantwortung
Und worüber denken Sie gerade nach, Thomas Fuchs?
Ich denke als Philosoph und als Psychiater darüber nach, wie Freiheit, Überforderung und Verantwortung zusammenhängen. Besonders beschäftigt mich, wie gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen uns als Subjekte überfordern. Viele sind davon so erschöpft, dass sie die Eigenverantwortung für ihr Leben gerne los wären oder an andere abträten. Es ist zwar nicht neu, dass die Freiheit als schwer erträglich erscheint: Schon Goethes Werther und Dostojewskis Grossinquisator stellten fest, dass die Menschen sich von dem bisschen an Freiheit überfordert fühlen, das ihnen bleibt. Und Sartre bemerke, dass Menschen deshalb nach allen Mitteln und Wegen suchen, um sich nur als Spielbälle von objektiven Prozessen und Mächten zu verstehen. Heute allerdings, in den unübersichtlichen Dynamiken der globalen Verdichtung und Beschleunigung, empfinden viele die Zumutung, ständig selbst wählen und entscheiden zu müssen, als so gross, dass sie an ihr seelisch erkranken.
Denn dem Subjekt wird heute gesellschaftlich die Verantwortung für seinen Lebensweg auferlegt, für das Gelingen wie das Scheitern. Es muss sich ständig optimieren, immerzu am Ball bleiben. Im Vergleich mit vorgegebenen Lebensmustern bedeutet das einen fortwährenden psychischen Stress. Wir sollen Verantwortung für uns übernehmen, ohne jedoch erkennen zu können, wer die komplexen Prozesse steuert, die uns als übermächtig und unheimlich erscheinen. Erkrankungen wie Burn-out oder Depression haben mit dem Gefühl zu tun, sich diesen Anforderungen nicht entziehen zu können.
In dieser Überforderungssituation verspricht es eine Entlastung, als Subjekt die Verantwortung zurückzuweisen: Ein Opfer kann nichts dafür. Ein Opfer oder ein Spielball zu sein lässt es gerechtfertigt erscheinen, der Zuwendung zu bedürfen und sich in der eigenen Schwäche anderen zu überantworten – nicht zuletzt damit sie mit der Verantwortung potenziell auch die Schuld tragen. Diesem Bedürfnis nach Entlastung kommen zwei machtvolle Tendenzen entgegen: Die Entwicklung der künstlichen Intelligenz tendiert dazu, Entscheidungen an digitale Systeme zu delegieren und uns so tatsächlich von Eigenverantwortung zu entlasten. Und die Hirnforschung schreibt das Entscheiden dem Gehirn zu, das uns in seiner biochemischen Weisheit die Verantwortung abnehme.
Doch der Preis für die Entlastungssehnsucht ist hoch: Sie schwächt dauerhaft die eigene Stellung, untergräbt den Selbstwert. Und sie beraubt uns der Möglichkeit, die Macht anderer Menschen und der Maschinen, die sie herstellen, zu kontrollieren. Es lohnt sich nicht, ohnmächtig zu sein. Philosophisch und ärztlich gilt es zu entgegnen: Es macht uns frei Verantwortung zu übernehmen, weil sie eine zentrale Quelle von Selbstwert und Selbstvertrauen macht, vermag sich auch gesellschaftlichen Zumutungen und Zwängen zu widersetzen.
Thoma Fuchs, 60, ist Karl-Jaspers-Professor für Philosophische Grundlagen der Psychiatrie am Universitäts-Klinikum Heidelberg
Wie wichtig Kultur für den Erfolg ist
Kennzahlen und Profitstreben treiben die Wirtschaft an. Eine Tagung hat deutlich gemacht, wie wichtig auch weiche Faktoren für das Gedeihen von Unternehmen und Volkswirtschaften sind.
Markus Diem Meier
Chefökonom und Autor
Ökonomie dreht sich um Wachstum und Gewinne, Kultur dagegen um ganz andere Aspekte des menschlichen Lebens. Das war lange die herrschende Meinung. Doch Kultur und Wirtschaft sind eng miteinander verwoben. So hängt von der Qualität der Kultur der wirtschaftliche Erfolg eines Landes ab. Diese Erkenntnis ist eigentlich nicht neu, doch sie war lange in Vergessenheit geraten. Mittlerweile ist dieser Zusammenhang wieder ins Zentrum des Interesses der Ökonomen gerückt, wie eine Veranstaltung des UBS Center for Economics in Society vergangene Woche gezeigt hat, an der weltweit führende Vertreter der Wissenschaft teilnahmen.
Kultur bedeutet mehr als nur Regeln und Gesetze
Unter Kultur verstehen Ökonomen soziale Normen, die das Handeln von Menschen anleiten, erklärte der in Zürich lehrende Ökonom Ernst Fehr. Dabei geht es nicht nur um explizite Regeln und Gesetze, sondern mindestens ebenso sehr um implizite Normen: Das heisst, Menschen halten ein Handeln für richtig oder falsch, ohne den Grund dafür zu kennen. Es sind innere Werte und Überzeugungen, die sie dabei leiten. Armin Falk, Wirtschaftsprofessor in Bonn, zeigte den Zusammenhang zwischen Haltungen und ökonomischem Erfolg an einem konkreten Beispiel auf: So würden Länder, deren Bevölkerungen sich durch eine grössere Geduld auszeichneten, auch ein höheres Wachstum erreichen. Das gilt zum Beispiel für Westeuropa, China und Australien. Geduld bedeutet, dass die Menschen eher auf den sofortigen Konsum des Erarbeiteten verzichten und daher mehr sparen. Das ermöglicht Investitionen und damit ein höheres Wachstum.
Vertrauen und Ehrlichkeit
Wie entsteht eine wirtschaftlich erfolgreiche Kultur? Als wesentliche Elemente wurden an der Tagung Werte genannt, die zu funktionierenden Märkten führen. Dazu gehört Vertrauen gegenüber Fremden, sodass Menschen überhaupt miteinander Handel betreiben. Wichtig sind auch Ehrlichkeit und die Bereitschaft, nicht jeden sich bietenden Vorteil auf Kosten des anderen auszunutzen.
Bedeutend für eine erfolgreiche Kultur ist ferner der Grad der individuellen Unabhängigkeit. Der Evolutionsbiologe Joseph Henrich von der US-Eliteuniversität Harvard sieht den wichtigsten Grund für den wirtschaftlichen Erfolg des Westens darin, dass in Westeuropa die zuvor über Jahrhunderte dominierenden Verwandtschaftsbeziehungen überwunden worden sind. Steht der Clan bzw. die Verwandtschaft im Zentrum der wirtschaftlichen Beziehungen, kann sich der Individualismus als Voraussetzung von Märkten zwischen Fremden schlecht entwickeln.
Wie die Kirche den Einfluss des Clans zurückdrängte
Deshalb spielte laut Henrich die Kirche im Westen eine grosse Rolle, weil sie durch eine Reihe von Massnahmen ausgedehnte Verwandtschaftsstrukturen verhindert hat: Dies erreichte sie vor allem durch den Bann, Verwandte zu ehelichen, von Inzest im Speziellen, oder durch das Verbot der Polygamie.
Wo der Einfluss der westlichen Kirche am längsten währte, haben sich laut der Forschung von Henrich auch die höchsten Werte an Vertrauen und Fairness gegenüber Fremden entwickelt. Die Menschen aus diesen Regionen seien auch eher bereit, für ein allgemeines Gut Beiträge zu leisten. Das lasse sich zum Beispiel an der Bereitschaft erkennen, Blut zu spenden.
Der Einfluss der Kirche führte zu einer ausgeprägten Ähnlichkeit der kulturellen Ausrichtung zwischen Norditalien, Frankreich, Deutschland, dem Süden von Grossbritannien, dem Norden von Spanien und auch der Schweiz.
Unterschiede zeigen sich vor allem in jenen Gegenden, die anderen Einflüssen ausgesetzt waren, insbesondere dem Islam. Das betrifft vor allem Südspanien und Süditalien und alle Länder, die nicht von der westlichen, sondern der östlichen Kirche geprägt wurden, was für den grössten Teil Osteuropas gilt.
In der EU hat die Bedeutung der nationalen Identität zu- und nicht abgenommen.
Die kulturellen Einstellungen sehr viel direkter untersucht hat der Ökonomieprofessor Guido Tabellini von der Bocconi-Universität in Mailand. Er wollte wissen, ob die Unterschiede in den Einstellungen zwischen den Ländern Europas ein Grund für die ökonomischen und politischen Schwierigkeiten der EU und der Eurozone sind.
Dazu wertete er umfangreiche Erhebungen aus, die zwischen 1980 und 2008 in den Ländern der EU durchgeführt wurden – und damit noch vor der Finanz- und der Eurokrise.
Mittels der Erhebungen wurde unter anderem die Einstellung zum Vertrauen gegenüber Fremden, der Haltung gegenüber harter Arbeit, gegenüber dem Einhalten von Regeln, die Einstellung zu Geschlechterrollen, Sexualmoral, Religion, Ideologie und zur Rolle des Staats in der Wirtschaft untersucht.
Anders als gängige Vorurteile vermuten lassen, förderte die Auswertung von Tabellini hier nur verhältnismässig geringe Unterschiede zwischen den Ländern der EU zutage.
Die Öffnung der Märkte allein genügt nicht
Ganz anders sieht es aus, wenn man die Differenzen innerhalb der Länder betrachtet: Sie sind zehnmal grösser als jene zwischen den Ländern. Bezieht man aber die Einstellungen in der Türkei in die Betrachtung ein, sind die Unterschiede zu den europäischen Ländern ausgeprägt.
Für die Grundidee der Europäischen Union hat der Ökonom allerdings eine wenig beruhigende Botschaft. Die Grundthese der EU bestand darin, dass die Mitgliedsländer sich als Folge der wirtschaftlichen Öffnung kulturell annähern würden. Die Auswertungen des italienischen Ökonomen zeigen aber, dass genau das Gegenteil geschehen ist: Die Unterschiede haben sich vergrössert. Und die Bedeutung der nationalen Identität hat in allen Ländern zu- und nicht abgenommen.
Der Ökonom erklärt das Phänomen unter anderem damit, dass die EU zwar die Märkte geöffnet hat. Sie hat es aber versäumt, den Menschen ein Sicherheitsnetz zu knüpfen, das sie vor den Unsicherheiten schützt, die mit der wirtschaftlichen Öffnung der Länder verbunden sind.
Auch auf Sozialverhalten achten
Welche Kultur vorherrscht, hat auch für den Erfolg von Unternehmen grosse Bedeutung. Nur eine gute Unternehmenskultur kann gewährleisten, dass die Beschäftigten ihr Bestes geben, auch dann, wenn ihre Leistungsbereitschaft nicht perfekt überwacht werden kann, und dass sie nicht jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um sich zu drücken – etwa indem sie sich krank melden, ohne tatsächlich krank zu sein.
Die Botschaft der Ökonomen: Schon bei der Rekrutierung von Personal ist es entscheidend, nicht nur auf die fachlichen Qualifikationen zu achten, sondern auch auf das Sozialverhalten.
Wie Ernst Fehr mit Verweis auf seine Forschung gezeigt hat, kann eine produktive Kultur sehr schnell zusammenbrechen, wenn ein Teil der Belegschaft ein unfaires Verhalten an den Tag legt. Leisten zum Beispiel einige Mitarbeiter auf Kosten anderer wenig und hat dieses Verhalten keine Konsequenzen, so fühlen sich die Leistungsträger betrogen und ändern als Folge ihr Verhalten.
Die Chefs müssen die Werte vorleben
Eine entscheidende Rolle kommt hierbei der Unternehmensführung zu. Sie muss dafür sorgen, dass die Vorgaben der Unternehmenskultur durchgesetzt werden. Es reicht dabei nicht, wenn die Chefs hehre Verhaltensweisen wie Leistungsbereitschaft und Kooperation im Unternehmen predigen. Sie müssen diese Werte vorleben.
«Vertrauen zu kreieren, ist eine kostspielige Investition. Es braucht Klarheit darüber, ein Verständnis, was die grundlegenden Prinzipien sind. Und es braucht Glaubwürdigkeit», sagte Raffaella Sadun, Professorin an der US-Eliteuniversität Harvard, am Rande einer Veranstaltung dieser Zeitung.
Warum aber wird dieses einfache Prinzip in der Praxis oft nicht gelebt? «Einige Leute spielen lieber Golf, als sich damit auseinanderzusetzen», erklärt Sadun das Verhalten vieler Topmanager. (Redaktion Tamedia)
Erstellt: 18.11.2018, 23:43 Uhr
Respekt wird über Sprache sichtbar
Fast unbemerkt schleicht sich in unserer täglichen elektronischen Kommunikation unbewusste Respektlosigkeit ein. Diese Gewohnheit sehen wir dann auch im Geschäftsleben und somit in vielen Unternehmenskulturen. Paradox dabei ist, dass in den vielen Leitbildern oder neudeutsch „Compliances“ Respekt, Anstand und Korrektheit verlangt wird. Der nachfolgende Text bringt es auf den Punkt. Unternehmenskultur-Controlling® Hässig & Stoff
Im Badener Tagblatt erschienen am 6.7.2018 von Rahel Koerfgen
Zur Hölle mit «LG», «GLG» und «VG»
Die Etikette, diese Verschmähte. Der Duden sagt, sie stehe für die Gesamtheit der herkömmlichen Regeln, die die gesellschaftlichen Umgangsformen vorschreiben. Ich finde nicht, dass sie steht, sie wankt vielmehr. Zumindest, was das Schreiben von Grussformeln in SMS oder Mails betrifft. Da lassen sich 90 Prozent meiner Mitmenschen offensichtlich nichts mehr vorschreiben.
Was ist mit «Liebe Grüsse» passiert? Oder mit «Ganz liebe Grüsse», «Beste Grüsse» und «Viele Grüsse»? Wo verstecken sich die hübschen Formeln? In der hintersten Ecke der Regelkammer, unerreichbar, vergessen? Stattdessen werden mir «LG», «GLG», «BG» und «VG» täglich um die Ohren gehauen. Diese lieblosen Kurzformen des Grusses – den Anfang machte «MFG» – haben nur eine Wirkung auf mich, eine sehr negative, verletzende. Ich empfinde sie als respektlos und geringschätzig, sie suggerieren: Für dich nehme ich mir nicht mal die Zeit, den Gruss auszuschreiben. Autsch, das tut weh. Weil Sprach-Verwahrlosung in ihrer pursten Form.
Diese Abkürzungen gehen nie, nicht mal bei schnellen Mitteilungen unter Kollegen. Mensch, das Ausschreiben dauert höchstens zwei Sekunden länger. Zwei Sekunden, die wir uns nehmen sollten, um Mitmenschen gegenüber Respekt auszudrücken. So viel Zeit muss sein. Denken Sie bitte daran, falls Sie mir mal eine Mail schreiben sollten. Danke. Und liebe Grüsse.
Riskanter Kurs
Der Aktienkurs kann durchaus der Kernwert einer Unternehmenskultur sein. Belastend für die Beteiligten wird er erst, wenn dies nicht offensichtlich ist und die Stakeholder sich nicht über die Auswirkungen der monetären Gier in der eigenen Gemeinschaft bewusst sind.
Unternehmenskultur-Controlling® Hässig & Stoff
Im Tages-Anzeiger erschien am 02.04.2018 folgender Artikel von Karl-Heinz Büschemann:
Der Aktienkurs wird in der Unternehmenswelt zum alleinigen Kriterium für Erfolg. Dieses Denken schadet den Mitarbeitern – und damit den Firmen.
Manchmal muss ein Manager auch mal selbst dafür sorgen, dass er gelobt wird. Wolfgang Reitzle, der 68-jährige Chef-Aufsichtsrat des deutschen Industriegase-Konzerns Linde und des Automobilzulieferers Continental, hatte kürzlich einen seiner hochbezahlten Medienberater in Marsch gesetzt, um die eigenen Leistungen bei den Medien ins rechte Licht zu rücken. «Wenn man den Kurs als Massstab für Unternehmenswert anerkennt», so die SMS des Beraters an Journalisten, dann hätten beide Unternehmen, bei denen Herr Reitzle seinen Einfluss geltend mache, «eine sehr erfolgreiche Wegstrecke hinter sich gebracht.» Die Kritiker sollten bitte «diese Fakten in ihrer Berichterstattung nicht übersehen.»
Es stimmt: Wolfgang Reitzle, der zu den bekanntesten deutschen Managern gehört, hat hervorragende Arbeit geleistet. Linde, wo er lange Vorstandschef war, und Continental, wo er seit über einem Jahrzehnt den Aufsichtsrat führt, haben einen steilen Aufstieg genommen. Nur wenige Unternehmenschefs oder Aufsichtsräte hinterlassen solche Spuren wie der einstige BMW-Manager. Aber Reitzle steht auch für einen bestimmten Zeitgeist: Er bemisst den Erfolg eines Unternehmens an einem Kriterium: dem Aktienkurs.
Gerade ist Reitzle dabei, Linde mit dem amerikanischen Konkurrenten Praxair zu fusionieren. Der Traditionskonzern wird demnächst von Amerika aus geführt. Ende des Jahres soll der Deal fertig sein. Hoffentlich, betont er. Aber die meisten der 60'000 Mitarbeiter sind bestürzt. Alles geschehe im Interesse der Aktionäre, die einen höheren Aktienkurs erwarten können, argumentiert Reitzle. Mit dem Partner entstehe ein neuer Weltmarktführer. Man kann es aber auch so sehen: Was für die Aktionäre gut sein soll – sogenanntes Shareholder-Value-Denken –, ist das faktische Ende eines Unternehmens. Eine merkwürdige Logik.
Viele Manager erliegen vor allem dem Reiz des schnellen Gewinns. Im Namen von Shareholder-Value geht gerade eine Umbauwelle durch die Unternehmenswelt. Bayer trennte sich von seiner Chemiesparte und greift nach dem US-Pflanzenschutzkonzern Monsanto. Siemens-Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser plant, den grossen Münchner Konzern in kleine Teile zu zerlegen, so entstehe ein «Flottenverbund», der erfolgreicher sei als der grosse Gesamtkonzern. Gerade bringt er die Siemens-Gesundheitssparte an die Börse. «Wir zerschlagen nichts», hält Kaeser Zweiflern entgegen: «Wir bauen neue Unternehmen.»
Aber wozu die Spalteritis, die angeblich die Führung von Geschäften erleichtert und den Aktionären höhere Kurse bescheren soll? Warum muss Siemens die erfolgreiche Medizinsparte an die Börse bringen, obwohl sie unter dem Dach des grossen Konzerns zum Besten wurde, was Medizintechnik weltweit zu bieten hat? Wohin soll der Kurs noch getrieben werden?
In vielen Fällen ist es angebracht, sich von Geschäften zu trennen, die keine Zukunft mehr haben, und manche Unternehmen sind unübersichtliche Bürokratie-Monstren. Kein Zweifel: Der Aktienkurs ist entscheidend, um sicherzustellen, dass das ein Unternehmen nicht zur leichten Beute feindlicher Übernehmer wird. Aber Unternehmen, die nur noch in einer Branche tätig sind, laufen Gefahr in den Abgrund zu stürzen, wenn ihr Geschäft mal eine schlechte Konjunktur hat oder ein Technologiebruch vor der Tür steht.
ABB macht nicht mit – und ist trotzdem erfolgreich
Viele Manager erliegen vor allem dem Reiz des schnellen Gewinns. Sie gefallen sich als sogenannter Portfolio-Manager, die mal etwas zukaufen, bald wieder etwas abstossen. Es ist einfach zu verführerisch: Wer die Aufspaltung eines Konzerns ankündigt, kann den Dank der Börsen am nächsten Tag auf der Kurstafel erwarten. Dagegen dauert es Jahre, eine neue Strategie zu entwickeln. Bis sich ein innovatives Produkt im Aktienkurs niederschlägt, kann lange Zeit vergehen.
In den Führungsetagen tobt ein Kulturkampf um das richtige Führungsprinzip.
Es gibt auch keinen Beleg dafür, dass fokussierte Konzerne besser sind als breit aufgestellte. Es gibt nur gut oder schlecht geführte Unternehmen. Deshalb machen beim Transaktionswahn auch nicht alle mit: Konzerne wie BASF oder die schweizerische ABB wehren sich gegen die Kräfte im eigenen Aktionärskreis, die eine Aufteilung verlangen. Und der Clou: Sie sind an den Börsen trotzdem erfolgreich.
In den Führungsetagen tobt ein Kulturkampf um das richtige Führungsprinzip. Er ist auch Jahrzehnte nach der Entwicklung des Shareholder-Value Prinzips in Amerika noch immer unentschieden. Vor 30 Jahren galt der US-Konzern General Electric (GE) als das bestgeführte Unternehmen der Welt, obwohl es ein Konglomerat war, das vom Flugzeugtriebwerk über Kraftwerke bis zu Glühbirnen und Krediten ein für Investmentbanker geradezu abschreckendes Produktmischmasch bot. GE-Chef Jack Welch wurde von Betriebswirtschaftlern als Heiliger verehrt. Dabei war der Grund für den Erfolg simpel: Der Siemens-Konkurrent hatte exzellente Führungskräfte und war eine Innovationsschmiede erster Güte. Doch dann vergass das Management die alten Tugenden. Lieber kaufte GE hier zu und stiess dort ab. Das war der Niedergang eines Mythos. Und was plant der Konzern jetzt? Erraten: die eigene Aufspaltung.
Mitarbeiter sind nicht nur ein Kostenfaktor
Ein Unternehmen nach dem Wohlergehen des Börsenkurses zu führen, ist so schön einfach – es gibt ein klares Erfolgskriterium. Dabei sind noch andere Faktoren wichtig. Zum Beispiel die Mitarbeiter. Auch Unternehmen haben eine Seele. Sie sind keine maschinenähnlichen Organismen, in denen Menschen mechanisch miteinander umgehen. Sie sind lebende Organismen, die mehr sind als die Summe der Individuen. Zufriedene und motivierte Mitarbeiter schaffen mehr als unglückliche und frustrierte.
Das bekam Wolfgang Reitzle zu spüren, als er Linde an die Amerikaner verkaufte. «Die Stimmung in der Belegschaft ist auf dem Tiefpunkt», berichtet ein Arbeitnehmervertreter. Es gab Demos von Mitarbeitern vor der Firmenzentrale in der Münchner Innenstadt. Der Frust wird nicht ohne Folgen bleiben. Keinem Unternehmen ist damit gedient, wenn der Aktienkurs hoch, aber die Stimmung im Keller ist.
Für den Sozialpsychologen Dieter Frey ist die Identifikation mit dem Arbeitgeber «die Grundlage für tägliche Motivation und Kreativität, für Eigeninitiative und die Übernahme von Verantwortung.» Manager, die allein nach ökonomischen Kriterien handeln und die Interessen der eigenen Mitarbeiter übersehen, ignorierten, «dass das wichtigste Kapital eines Unternehmens das Human- und Sozialkapital ist und damit verbunden auch das Kreativitäts- und Motivationskapital.»
Gefragt sind Manager mit sozialem und moralischem Kompass. Wo Manager mit Blick auf den Kurszettel aus den Augen verlieren, dass sie auch für Mitarbeiter, Umwelt und Allgemeinheit eine Verantwortung tragen, entscheiden sie sich für die relative Bequemlichkeit. Dabei wäre ihre Aufgabe nicht nur, Umsatz, Gewinn und Börsenkurs positiv zu entwickeln. Gute Unternehmensführung besteht aber auch darin, Brücken zu bauen zwischen Unternehmen und Gesellschaft, zwischen Management und Mitarbeitern. Diesen Spagat zu meistern, nennt man gemeinhin Verantwortung. Gefragt sind Manager mit sozialem und moralischem Kompass, die nicht nur den Aktienkurs als Leitstern akzeptieren.
Siemens-Chef Kaeser hat im November vergangenen Jahres die Gefühle seiner Mitarbeiter und die Reaktion der Politiker falsch eingeschätzt, als er binnen weniger Tage, einen Rekordgewinn für Siemens verkündete und zugleich die Schliessung eines Werkes im ostdeutschen Görlitz ankündigte. Kaeser, der als früherer Finanzchef des Münchner Konzerns das Denken der Börsen genau kennt, wollte offenbar den Investoren zeigen: Wir passen auf, dass unsere Renditevorgaben erfüllt werden. Aber er hatte übersehen, dass Mitarbeiter nicht nur ein Kostenfaktor sind, sondern diejenigen, die mit ihrem Engagement ein Unternehmen am Laufen halten. So wurde der Stratege von der sozialen Realität eingeholt. Politiker schlugen Krach, die Mitarbeiter demonstrierten. Kaeser galt als ruchloser Jobkiller. Er sah schlecht beraten aus und ruderte inzwischen teilweise zurück. Die Folgen dieses Vertrauensverlustes in der Belegschaft wird er noch lange spüren.
Gute Chefs wissen, dass Aufmerksamkeit für die Menschen und Respekt vor denen, die sich für das Unternehmen engagiert haben, viel Ärger und Leid ersparen, wenn es eine Krise gibt. Mitarbeiter wollen auch dann ernst genommen werden, wenn sie selbst längst wissen, dass ihr Arbeitsplatz aus wirtschaftlichen Gründen kaum zu retten ist. Sie wollen nicht überfahren werden. Sie wollen zum Verlust des Arbeitsplatzes nicht auch noch den Verlust des Respekts erleiden.
Tödliche Einsamkeit
Die Einsamkeit am Arbeitsplatz ist ein aktuelles Merkmal von Unternehmenskulturen, die Nähe nicht zulassen. Und trotzdem gilt:
„Ohne Wirtschaftlichkeit schaffen wir es nicht – ohne Menschlichkeit ertragen wir es nicht!“
Unternehmenskultur-Controlling® Hässig & Stoff
Manfred Spitzer schreibt in seinem Buch: „Einsamkeit – die unerkannte Krankheit“, erschienen im Verlag Droemer, München (2018. 318 S.):
Erkrankungen der Psyche, von Depressionen über Phobien bis zum Burn-out, verursachen immense volkswirtschaftliche Kosten. Und sie nehmen kontinuierlich zu. Einsamkeit scheint dabei eine überraschend grosse Rolle zu spielen. Und nicht nur da: Vom Schnupfen bis zum Schlaganfall ist Einsamkeit ein ernst zu nehmender Faktor bei der Entstehung. Manfred Spitzer, Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm und des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen, pointiert daher in seinem neuen Buch, Einsamkeit sei «erblich, ansteckend, tödlich».
Deshalb können sich die Finnen und Skandinavier über die Spitzenplätze im jüngst publizierten globalen Glücksreport freuen – in ihren Gesellschaften wird der soziale Zusammenhalt gut gepflegt, die soziale Disparität fällt vergleichsweise gering aus, und es wird viel getan, um ein intaktes Familienleben in der Arbeitswelt zu ermöglichen. Dort, wo diese Daten ein anderes Bild zeigen, konstatiert man hingegen die steigende Vereinzelung. Und auch einen wachsenden Leidensdruck. In der Schweiz beispielsweise haben 2017 noch einmal mehr Menschen die Notrufnummer für emotionale Erste Hilfe – jene der Dargebotenen Hand – gewählt als im Vorjahr. Und 10 Prozent der Gespräche drehten sich dabei explizit um Einsamkeit und soziale Isolation. Das Gesundheits-monitoring des Bundes bestätigt diese Entwicklung: Fühlten sich 2007 noch 30 Prozent «manchmal bis sehr häufig» einsam, waren es 2012 schon über ein Drittel (36,1 Prozent).
Tatsächlich liess sich im Experiment sogar nachweisen, dass man mit einem weniger diversifizierten sozialen Netz signifikant leichter einen Schnupfen bekommt. Einsamkeit schwächt demnach auch das Immunsystem. Und der britische Report bestätigt: Das Gefühl ist mindestens so schädlich wie 15 Zigaretten am Tag.
Zwei amerikanische Universitäten haben 148 Studien zur Wirkung sozialer Isolation verglichen. Rund 310'000 Menschen wurden über einen Zeitraum von knapp acht Jahren begleitet. Ergebnis: Jene mit den stärkeren sozialen Beziehungen hatten eine um 50 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit, zu überleben – auch, nachdem alle anderen möglichen Faktoren herausgerechnet worden waren, wie etwa das Geschlecht oder das Alter. Oder eben der Lifestyle, inklusive Rauchen oder Bewegungsmangel.
Nichts ist zerstörerischer als das brennende Gefühl, nicht dazuzugehören; nichts quält das Gemeinschaftstier Mensch mehr. Das habe seinen evolutionären Sinn, erläutert Spitzer. Weil der Sozialverband fürs Überleben entscheidend war, signalisierte der Schmerz über Isolation einst: Alarm!
Diese These ist nicht bloss ein netter Küchendarwinismus: Spitzer klinkt in sein Buch Fotos von Gehirnscans ein, die zeigen, dass Einsamkeitsmomente unsere Schmerzareale messbar aktivieren. Heruntergefahren wird dieser Ausschlag, wenn dem Probanden ein Bild des Lebenspartners vorgelegt wird. Linderung durchs Triggern des Bindungshormons Oxytocin funktioniert auch bei physischem Schmerz: Die mit einer heissen Thermosonde traktierten Probanden spüren weniger Schmerz, wenn sie dabei Fotos ihrer Lieben betrachten.
Ist das Sozialleben aber erst bachab gegangen, ist es sehr schwierig, sich wieder zum integrierten Menschen hochzustrampeln. Neue gesellschaftliche Entwicklungen erschweren die Integration zusätzlich: Spitzer stellt das riesige Spektrum der Kontakthürden in unserer Welt der Social Media, der anonymen globalen Dörfer und auf Gier gestriegelten Ich-AG-Avatare vor. Das Unwohlsein in der Gruppe führt zu Rückzug, führt zu Unwohlsein, zu Rückzug . . . Und wer dazu neigt, vererbt diese Neigung.
Die Spirale zu stoppen, ist schier unmöglich. Im Gegenteil, wenn Freunde in den Abwärtsstrudel geraten sind, wird man leicht mitgerissen. Und zwar umso leichter, je näher man bei ihnen wohnt, zeigen Recherchen. Die Umwelt schützt sich nämlich mit Ausgrenzungsmechanismen vor Sozialspastikern.
Der fast ausgestorbene Beruf der Gesellschafterin hat darum eine neue Blüte erfahren, und die Website für platonische Kontakte «Rentafriend» gibts auch in der Schweiz. Philosoph Francis Bacon formulierte bereits im 16. Jahrhundert: «Wer sich an der Einsamkeit erfreut, ist entweder ein wildes Tier oder ein Gott.» Und wer ist das schon?
Was also tun? Der Cox-Report fordert eine konzertierte Aktion von Regierungen, Arbeitgebern, Geschäften, Familien. Und Spitzer plädiert für die Wiederentdeckung des Teamtiers Mensch. Dieses sei in der Ära des Neokapitalismus vergessen gegangen, aber wiederfinden sei gar nicht so schwer: Ein Spaziergang im Gleichschritt in der Gruppe etwa stärke das Vertrauen in ebendiese Gruppe. Selbstloses Helfen fördere das eigene Wohlbefinden ungemein.
Unternehmenskultur wird gesucht
Das Thema Unternehmenskultur beschäftigt auch Google-Nutzer. Google veröffentlichte die folgenden Zahlen zu Führungsthemen:
Suchbegriff | Mai 2013 | Mai 2016 | Mai 2017 |
---|---|---|---|
Innovation | 77.400.000 | 385.000.000 | 467.000.000 |
Kreativität | 20.300.000 | 16.100.000 | 28.700.000 |
Unternehmenskultur | 466.000 | 584.000 | 2.010.000 |
Kraft-Heinz und Unilever
Bier, Ketchup und zwei Milliardäre
Artikel von Christiane Hanna Henkel, New York 17.2.2017, 21:40 Uhr
Kluft zwischen den Kulturen
Dass Unilever keine Grundlage für weitere Gespräche sieht, dürfte andere Gründe haben, denn Preise sind Verhandlungssache. Die vom Finanzinvestor 3G getriebene Unternehmenskultur von Kraft-Heinz hat wenig Platz für Themen wie Gleichberechtigung, Diversität und Nachhaltigkeit übrig, die bei Unilever eine grosse Rolle spielen. Der «Evening Standard» vergleicht die Kluft zwischen den beiden Firmen mit derjenigen zwischen Schweden und Nordkorea oder Amnesty International und der CIA. Zudem ist Kraft in Grossbritannien dafür bekannt, die Cadbury-Fabrik in Somerdale allen Versprechungen zum Trotz doch geschlossen zu haben. Seitdem bläst dort ausländischen Kaufinteressenten der Wind ins Gesicht, wie schon Pfizer feststellen musste, als er sich AstraZeneca einverleiben wollte.
Kann Polemik Unternehmenskultur widerspiegeln? Hässig & Stoff - Unternehmenskultur-Controlling®
Menschen für Menschen
Wer oft mit den SBB unterwegs ist, erlebt seit Jahren die Entmenschlichung des Bahnbetriebs. Geisterbahnhöfe ohne Personal sind normal geworden. Wo einst Bahnschalter waren, stehen Billett-Automaten. Wo einst Kioske waren, stehen Selecta-Automaten. Kleinere Bahnhöfe haben keine Toiletten mehr. Wo einst Kondukteure mitfuhren, lässt sich höchstens noch ab und zu die Bahnpolizei blicken. Überwachungskameras in Zügen und an Bahnhöfen sollen uns Bahnkunden ein Sicherheitsgefühl vermitteln, das uns in den Menschenleeren Bahnhöfen, längst abhandengekommen ist.
Die Message der SBB an die Reisenden lässt eine klare Deutung zu:
- „Du wirst nicht bedient, dafür wirst du gefilmt“.
- „Du wirst nicht mehr betreut, dafür wirst Du kontrolliert“.
- „Du bist nicht mehr Kunde, sondern User“.
Jetzt erreicht uns die Nachricht, dass die SBB 1400 Stellen streichen. Die verbleibenden SBB Angestellten müssen noch mehr leisten. Rentabilität kommt vor Service. Die Entmenschlichung geht weiter. Das Programm heisst „Rail-Fit“. Liebe Bahnbosse, behaltet eure Fitness für euch und gebt uns die Menschen zurück.
Pedro Lenz
Erschienen am 25. September 2016 im Badener Tagblatt
Was eine gute Entschuldigung ausmacht ist unbezahlbar und beeinflusst die Kultur in der eigenen Umgebung nachhaltig. Hässig & Stoff - Unternehmenskultur-Controlling®
Im Badener Tagblatt vom 11. Mai 2016 ist folgender Artikel von Alexandra Fitz erschienen:
Was eine gute Entschuldigung ausmacht
Manchmal ist es ganz leicht, manchmal will sie einfach nicht über unsere Lippen. Forscher haben nun herausgefunden, was eine gute Entschuldigung beinhalten muss.
Wir entschuldigen uns ständig. Für alles Mögliche und Unmögliche. Oft für Dinge, für die wir gar nicht verantwortlich sind. Es sind auch nicht immer Unhöflichkeiten oder Fehler, sondern wir entschuldigen uns manchmal für unsere blosse Anwesenheit. Da stösst jemand mit dem Ellenbogen an uns, wir sagen: «Sorry». Wir wollen etwas sagen und leiten unsere Rede schon mit dem Wort «Entschuldigung» ein.
Insbesondere Frauen neigen dazu, sich für alles, jeden und vor allem für sich selbst leicht beschämt zu entschuldigen. Forscher fanden heraus, Frauen entschuldigen sich sehr viel häufiger als Männer. Sie tun es um der Harmonie Willen, weil sie nicht streiten wollen. Sie legen den Konflikt bei Seite, auch wenn sie sich nicht schuldig fühlen. Das Diplomatische-Tut-mir-leid sozusagen. Doch das führt zum Overkill.
Verantwortung übernehmen
Achten Sie mal darauf, wie oft Ihnen pro Tag das Wort «Sorry» über die Lippen geht. Diese Ausrücke der Entschuldigung werden heute sehr inflationär benutzt.
Haben unsere Entschuldigungen dann überhaupt noch Bedeutung? Wie können wir dem Gegenüber beweisen, dass wir es aufrichtig und ernst meinen? Mit diesem Thema beschäftigen sich auch Psychologen und Wissenschafter. Forscher der Ohio State Universität haben anhand von 700 Teilnehmern und zwei unterschiedlichen Studien untersucht, was eine gute Entschuldigung ausmacht und wann wir dem Gegenüber auch wirklich verzeihen. Die Forscher um Roy Lewecki fanden heraus, dass eine gute Entschuldigung sechs Komponenten enthält:
- Entschuldigen und bedauern
- Erklären, was genau schief lief
- die Verantwortung übernehmen
- Reue bekunden
- Wiedergutmachung anbieten
- Um Vergebung bitten
Natürlich, je mehr dieser Elemente eine Entschuldigung enthält, desto grösser die Chance, dass uns verziehen wird, schreiben die Autoren im Fachblatt «Negotiation and Conflict Management Research». Doch es gibt Punkte, die sind wichtiger. Am wichtigsten sei Punkt 3. Verantwortung übernehmen. Kein Wunder, ist das doch auch das Schwierigste. Ich bin schuld. Erst muss man sich das selber eingestehen (daran scheitern wir schon oft) und dann noch vor dem anderen alles auf sich nehmen. Beschämt, das Gesicht nach unten, das Kinn fast auf der Brust stammeln wir ein «Es tut mir leid».
Nicht zu lange warten
Man sollte sich nicht rechtfertigen. Rechtfertigungen schwächen eine Entschuldigung ab. «Das dient vor allem der Beruhigung des eigenen Gewissens. Damit hilft man aber nicht der Person, die man verletzt hat», sagt die Sozialpädagogin Silke Bittner. Das ist gar nicht so einfach. Wir haben es schliesslich nie richtig erlernt. Schon in der Kindheit haben wir doch immer versucht, Schuld abzustreiten. Reflexartig, nicht bösartig. «Nein Mama, ich war das nicht!». Es war immer das Geschwister oder der Nachbarsjunge.
Am zweitwichtigsten ist gemäss Lewecki, eine Wiedergutmachung anzubieten. Auch wenn das meistens gar nicht möglich ist und das Gegenüber es auch selten verlangt, geht es hierbei wohl vor allem um die Geste. Um die Bereitschaft wenigstens danach zu fragen. Nicht allzu wichtig sei die Vergebung. Es ist anzunehmen, dass dies die anderen Punkte schon implizieren. Irgendwann ist doch auch gut. Hält man sich an diese Elemente, schreit das alles doch förmlich nach: «Vergib mir!»
Ein weiterer Punkt ist das rasche Handeln. Mit einer Entschuldigung sollte man nicht zu lange warten. Klar, es gibt auch die Möglichkeit, dass der Enttäuschte noch zu traurig oder zu sauer ist, die Wunde zu frisch. Dann kann er die Entschuldigung nicht annehmen und sie prallt einfach ab. Trotzdem ist es schön zu wissen, dass der andere bereits vor der Türe steht.
Wir wissen alle wie stark ein Fehler oder ein Konflikt, der unangesprochen zwischen zwei Personen steht, uns immer mehr auffrisst. Und je länger man das Entschuldigen hinauszögert, desto schlimmer wird es. Es herrscht Funkstille und man denkt sich: Jetzt kann ich mich auch nicht mehr melden. Doch nichts sagen ist schlimmer. Eine Entschuldigung braucht oft Mut und zeugt gerade deshalb von Stärke.
Es geht nicht um uns
Die Art wie wir uns entschuldigen ist ohnehin sehr auf uns selbst bezogen. So sagen wir etwa «Ich entschuldige mich für...»? Aber wenn man es genau nimmt, kann man sich nicht selber von etwas ENTschuldigen. Wir können nur darum bitten, dass unser Gegenüber das «Tut mir leid» annimmt und akzeptiert. Auch ein schnelles Sorry ist genau genommen sehr egoistisch. Das Wort haben wir aus dem Englischen entlehnt. «I am sorry» heisst so viel wie «Es tut mir leid». Wir leiden also wegen einer Situation. Aber eigentlich ist ja unser Gegenüber der Arme, weil wir uns unkorrekt verhalten haben. Wir sollten wieder an Punkt Nummer 3 denken und nicht in Selbstmitleid verfallen. Denn es geht nicht um uns.
Wer nur Ökonom ist, wird nie ein guter Ökonom sein
Der nachfolgende Artikel haben wir in der Ausschreibung des GDI (Gottlieb Duttweiler Institut) gefunden. Er weist darauf hin, dass die Geschichte ein Unternehmen prägt und ihre Kultur über Werte zum Ausdruck bringen soll.
Hässig & Stoff - Unternehmenskultur-Controlling®
«Wer nur Ökonom ist, wird nie ein guter Ökonom sein»
Die Ökonomie sei kulturell geprägt und habe ethische Verpflichtungen, sagt Tomáš Sedláček.
Da provoziert einer seine eigene Zunft. Der junge Ökonom Tomáš Sedláček ruft zu völlig neuem ökonomischem Denken und Handeln auf. Mit dem internationalen Bestseller «Die Ökonomie von Gut und Böse» sprengt er die Grenzen der Ökonomie: indem er ihre Verwurzelung in der menschlichen Kulturgeschichte freilegt, und indem er die Ökonomie in die ethische Pflicht nimmt, uns aus der gegenwärtigen wirtschaftlichen Misere zu führen.
Warum kulturelle Mythen zentral für unser Verständnis der Ökonomie sind:
«Zuerst erklärten Mythen und Religionen den Menschen die Welt, die im Grunde die gleichen Fragen stellten wie wir heute; inzwischen hat die Wissenschaft diese Rolle übernommen. Um diese Verbindung sehen zu können, müssen wir uns also mit den Mythen und der Philosophie lange zurückliegender Zeiten beschäftigen. Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben: um in alten Mythen nach ökonomischen Gedanken zu suchen und auch umgekehrt nach Mythen in der heutigen Ökonomie.»
Warum wir den Vater der ökonomischen Theorie falsch verstehen:
«Die Ökonomen sollten an die Kraft der Geschichten glauben. Adam Smith tat das. In ‚Theorie der ethischen Gefühle’ schreibt er: ‚Der Wunsch, dass man uns Glauben schenken möge, der Wunsch, andere Leute zu überzeugen, zu führen und zu leiten, scheint eine der stärksten von allen natürlichen Begierden zu sein.’ Dieser Satz stammt von dem vermeintlichen Vater des Konzepts, dass das Eigeninteresse die stärkste natürliche Begierde sei!»
Warum ein guter Ökonom ein Kulturkenner sein muss:
«Mit Sallusts Worten: ‚Mythen sind das, was nie geschah, aber immer ist.’ Unsere modernen, auf strikten Modellen basierenden ökonomischen Theorien sind nichts anderes als Nacherzählungen dieser Metageschichten in einer anderen (mathematischen?) Sprache. Daher müssen wir die Geschichte von Anfang an kennen – wer nur Ökonom ist, wird nämlich nie ein guter Ökonom sein.»
Warum Ökonomie ein Kampf der Geschichten ist:
«Letztlich geht es bei der gesamten Ökonomie um das Gute und das Böse oder Schlechte – Menschen erzählen anderen Menschen Geschichten über Menschen. Selbst die ausgefeiltesten mathematischen Modelle sind in Wirklichkeit Geschichten, Gleichnisse, ein Bemühen, die Welt um uns herum (rational) zu begreifen.» Warum die Ökonomie eine normative Wissenschaft ist: «Wenn ein Ökonom im Fernsehen eine scheinbar harmlose Frage zum Inflationsgrad beantwortet, wird er umgehend mit einer weiteren Frage konfrontiert (häufig wird er sie sogar selbst stellen): Ist das Ausmass der Inflation gut oder schlecht, sollte die Inflation höher oder niedriger sein? Selbst bei so technischen Fragen sprechen die Analysten sofort von ‚gut’ und ‚schlecht’ und geben normative Urteile ab: Sie sollte niedriger (oder höher) sein. (...) Es ist paradox, dass ein Gebiet, das sich vorwiegend mit Werten beschäftigt, wertfrei sein will. Und dass ein Gebiet, das an die unsichtbare Hand des Marktes glaubt, frei von Geheimnissen sein will.»
Aggressivste Form der Kommunikation ist Schweigen
Mangelnde Wertschätzung kann Konsequenzen haben – Artikel mit Bezug zum Thema Unternehmenskultur im Tages-Anzeiger vom 19.2.2013: Aggressivste Form der Kommunikation ist Schweigen
Damit Beziehungen gelingen
Artikel zum Thema Unternehmenskultur im Alpha-Magazin (Beilage Tages-Anzeiger): Damit Beziehungen gelingen
Zürcher Patrons - Tradition ist eine Tugend
Artikel zum Thema "Zürcher Patrons - Traditionen und Werte" im Züritipp vom 16. Juni 2011: Zürcher Patrons - Tradition ist eine Tugend
Herausfordernde Vielfalt
Artikel zum Thema Unternehmenskultur im Alpha-Magazin (Beilage Tages-Anzeiger): Herausfordernde Vielfalt
Führung bedeutet in Netzwerk-Organisationen leitende Inspiration |
Quelle: Zukunftsletter, Juli 2010 Unternehmen ZukunftWarum der weiche "Kulturfaktor" zum härtesten Managementfaktor von morgen wird Warum gibt es überhaupt Unternehmen? Diese scheinbar sinnlose Frage wurde von den Ökonomie-Theoretikern der Vergangenheit immer wieder gestellt. Für den legendären Management-Guru Peter Drucker lautet die Aufgabe eines Unternehmens: ”Zeit ermitteln, Zeit rationell einsetzen und Zeit zusammenfassen, damit sinnvolle Entscheidungen getroffen werden können.“ Drucker war gleichzeitig der Erste, der Firmen als Kulturgebilde sah. Management war für ihn eine ”Sozialtechnologie“, nicht nur eine Mehrwert-Methode. |
Evolutionäre Marken erzeugen eine Identität zwischen Produkten, Botschaft, Firmenkultur und Innovation. |
Quelle: Zukunftsletter, Mai 2010 In den letzten Jahren hatten wir eine Schwemme von Moden im Marketing: Virales Marketing, Push-, Pull-, Direkt- und Neuro-Marketing. Alls das kommt irgendwann sehr schnell an seine Grenzen. Was bleibt ist Evolutionäres Marketing. Evolutionäre Marken erzeugen eine Identität zwischen Produkten, Botschaft, Firmenkultur und Innovation. Sie verändern die Welt, aber die Welt verändert auch sie. Sie sind ”Meme“, die in unserer Kultur mitschwimmen. Nur unter diesen Bedingungen lässt sich Marketing in die viel beschworene authentische Kommunikation zwischen Kunden und Unternehmen umformen. |